Bundeskanzler Olaf Scholz sieht „an vielen Stellen“ im Etat Einsparpotenzial. Den Forderungen nach höheren Schulden erteilt er eine Absage. Man habe bereits hunderte Milliarden Euro in den vergangenen Krisen ausgegeben.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat im koalitionsinternen Haushaltsstreit Forderungen nach höheren Schulden eine Absage erteilt. Die Regierung habe Deutschland mit hunderten Milliarden Euro erfolgreich durch gleich zwei große Krisen geführt, sagte er mit Blick auf die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg dem „Handelsblatt“. „So wird es nicht auf Dauer weitergehen können.“
Die Herausforderung bestehe nun darin, „Haushalte aufzustellen, die ohne Nutzung der Ausnahmeregel vom Grundgesetz auskommen“, sagte Scholz. Er sehe „an vielen Stellen“ im Bundeshaushalt Einsparpotenzial.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte in der vergangenen Woche die Verschiebung des Kabinettsbeschlusses zu den Haushaltseckpunkten 2024 und zum Finanzplan bis 2027 bekannt gegeben. Hintergrund ist der Streit in der Ampel-Regierung über die Prioritäten des Budgets und über zusätzliche Forderungen aus den verschiedenen Ressorts in Höhe von bis zu 70 Milliarden Euro.
Die Verschiebung des Kabinettsbeschlusses sei für ihn keine große Sache, versicherte der Kanzler. „Nach Jahren, in denen wir (…) große Finanzmittel eingesetzt haben, um Krisen abzuwettern, ist es wenig verwunderlich, dass es nun für viele eine Umstellung ist, mit weniger Geld auszukommen, und es Gesprächsbedarf gibt.“
Zurückhaltend äußerte sich Scholz im „Handelsblatt“ zu den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für weitreichende Einschränkungen für den Einbau von Gas- und Ölheizungen. Es gehe derzeit nur um „Überlegungen, die nicht einmal beschlossen worden sind“, betonte der Kanzler. Ziel der Ampel sei „eine lebensnahe Regelung, die niemanden überfordert und gleichzeitig den Weg in Richtung Klimaneutralität weist“.
Grundsätzliche Probleme in der Zusammenarbeit der drei Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP kann Scholz trotz der jüngsten Unstimmigkeiten nicht erkennen. „Dass es für alle drei Koalitionspartner immer mal wieder zu unterschiedlichen Zeitpunkten herausfordernd wird, war absehbar“, sagte er. „Wichtig ist, dass man zusammenarbeitet, um gemeinsam erfolgreich zu sein.“ Er habe den Eindruck, dass dies geschehe.
Scholz rechnet nicht mit neuer Finanzkrise
Nach der Pleite der Silicon Valley Bank und den Turbulenzen rund um die Credit Suisse sieht Scholz keine neue Finanzkrise in Deutschland und Europa heraufziehen. „Die Gefahr sehe ich nicht. Das Geldsystem ist nicht mehr so fragil wie vor der Finanzkrise“, sagte er im Interview. Er erwartet deshalb auch keine Konsequenzen für deutsche Sparer. „Die Einlagen der deutschen Sparerinnen und Sparer sind sicher“, sagte Scholz – und wiederholte damit einen Satz, den die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der damalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 so ähnlich aussprachen. „Wir leben in einer völlig anderen Zeit“, sagte Scholz mit Blick auf Vergleiche mit der Finanzkrise 2008 dem Blatt.
Nach der Pleite der Silicon Valley Bank vergangene Woche war es zu Turbulenzen im Finanzsystem gekommen. Hinzu kam der Kurssturz der Schweizer Großbank Credit Suisse am Mittwoch an der Börse, ausgelöst durch Bemerkungen eines Großinvestors aus Saudi-Arabien. Für Beruhigung hat gesorgt, dass sich das Geldhaus über die Schweizer Notenbank Kredite von bis zu 50 Milliarden Schweizer Franken gesichert hat.
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