Beim Netzwerken ist es wie mit der eigenen Nachbarschaft: Man kennt sich, man hilft sich. Doch anders als in der eigenen Straße, wo sich die Menschen nahezu täglich über den Weg laufen und sich über den neuesten Klatsch im Ort austauschen, ist Netzwerkpflege im Beruf harte Arbeit. Oft fehlt es an Anlässen, um beiläufig Neuigkeiten auszutauschen und einfach mal zu fragen, wie es dem anderen so geht.
Dabei ist das oberste Gebot: Ein gutes Netzwerk will gepflegt sein. Nur dann hilft es dabei, offene Positionen im Unternehmen leichter zu besetzen, einen Lieferanten mit besseren Konditionen zu finden, einen neuen Job oder lukrativen Auftrag an Land zu ziehen.
Dennoch netzwerkt nur jeder Dritte Deutsche aktiv, das zeigt eine Umfrage des Bürobedarfsspezialisten Viking. Am liebsten pflegen die Befragten ihre Kontakte auf Konferenzen, auf Karrierenetzwerken wie LinkedIn oder Xing und auf Veranstaltungen, die sie mit Kollegen besuchen. Egal, wo und wie der Kontakt zustande kommt – beim Netzwerken gilt wie in der Freundschaft: Regelmäßige Nachrichten und Anrufe, auch ganz ohne Anlass, pflegen die Beziehung. Und das geht mit ein paar Kniffen auch nebenbei.
Wissen, was meinen Kontakt interessiert und beschäftigt
Wer sich nur meldet, wenn er etwas will, hat schlechte Karten. „Menschen, die zum Beispiel Aufträge zu vergeben haben, möchten auch um ihretwillen wahrgenommen und wertgeschätzt werden“, sagt Business-Coach Monika Scheddin. „Deswegen kommt Netzwerken ohne konkreten Anlass so gut an. Keiner möchte sich als Beutetier fühlen.“ Wer weiß, was seine Kontakte beschäftigt oder sich regelmäßig nach dem Befinden der Familie erkundigt, hat beim nächsten Gespräch direkt einen Anknüpfungspunkt.
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Wichtig ist, kein Interesse vorzutäuschen: „Ich würde nichts fragen, was mich nicht ehrlich interessiert“, sagt Scheddin. Doch selbst wenn Interesse für das Gegenüber da ist, bleibt die Hemmschwelle, sich nach längerer Zeit zu melden, oft hoch. Auch dann lohnt sich laut der Management-Expertin aber ein Anruf: „Oft haben beide Seiten ein schlechtes Gewissen, weil sie lange nichts voneinander gehört haben.“ Wer „einfach nur so” anruft, sollte dazu stehen. Scheddin hält nichts davon, sich einfach einen Anrufgrund auszudenken: „Wer Anlässe erfindet, braucht ein gutes Gedächtnis. Und Lügen haben kurze Beine.“
Den passenden Kanal wählen
Ein unangekündigter Anruf am Freitagnachmittag stößt nicht bei jedem auf Gegenliebe. Auch das gehört zu den Informationen, die man über seine Kontakte haben sollte. Wie kommuniziert der ehemalige Kollege am liebsten? Wann hat die Führungskraft aus der anderen Abteilung ihren freien Tag? Das kann man entweder durch Ausprobieren herausfinden oder auch ganz direkt erfragen.
Hinzu kommt, dass man sich über die Wahl des Kommunikationstools Gedanken machen sollte. „Bei manchen funktioniert eine Messenger-Nachricht besser als ein Anruf“, sagt Networking-Expertin Martina Haas. Bei einem Telefonat rät sie, zu Beginn zu fragen, ob es der Person gerade passt.
Auch Karrierenetzwerke wie LinkedIn können für die beiläufige Netzwerkpflege ein passender Kanal sein: Der Lieferant hat gerade einen spannenden Artikel geteilt? Eine tolle Gesprächsvorlage. „Wer selbst regelmäßig Beiträge verfasst, schafft Gesprächsanlässe für sein Netzwerk“, sagt Networking-Expertin Haas.
Am besten klappt das, indem man sein Netzwerk im eigenen Post direkt zur Interaktion aufruft: Wie seht ihr das? Ist euch das schon mal passiert? Karrierenetzwerke eignen sich auch zum Nachfassen nach dem ersten Kennenlernen. Wer sich bei einer Messe getroffen und gut verstanden hat, sollte zeitnah daran anknüpfen, rät Haas: „Hierfür eignet sich zum Beispiel eine private Nachricht bei LinkedIn oder eine E-Mail.“ Möglicher Inhalt: „Danke für das tolle Gespräch. Ich freue mich, wenn wir unseren Austausch bei einem Kaffee fortsetzen könnten.”
In den Alltag integrieren
Damit Netzwerken nicht den Ich-Muss-Charakter bekommt, hilft es, Anrufe und Co. in den Alltag zu integrieren. Dabei muss Netzwerkpflege kein fester Termin im Kalender sein. Im Gegenteil: „Wer spazieren geht, kann die Zeit für einen Anruf beim ehemaligen Kollegen nutzen“, sagt Business-Coach Scheddin.
Auch lange Autofahrten eignen sich für einen beiläufigen Anruf über die Freisprechanlage. „Wichtig ist, dass man regelmäßig in Kontakt steht.“ Hier können digitale Helferlein unterstützen: Karriereplattformen wie Xing und LinkedIn erinnern beispielsweise an Geburtstage, Outlook speichert Erinnerungen und meldet sich, wenn mal wieder eine Kontaktaufnahme ansteht.
Kleine Gesten machen den Unterschied
„Der Gesprächspartner hat immer ein offenes Ohr? Super, dann danken Sie ihm dafür“, rät Scheddin. Beliebt sind auch sogenannte Fünf-Minuten-Gefallen: Wer beispielsweise einen spannenden Artikel gelesen hat, der den Kollegen einer anderen Abteilung interessieren könnte, sollte ihn direkt weiterleiten. Oder wer abends im Kino den Film schaut, von dem der Kunde vergangene Woche noch berichtet hat, könnte eine kurze Messenger-Nachricht schicken.
Hier zahlen sich die regelmäßigen Gespräche aus: Wer sein Netzwerk kennt, weiß genau, welche Information oder welcher Kontakt wertvoll für den anderen sein könnte. Im Blick behalten sollte man auch, dass sich die gegenseitige Unterstützung möglichst die Waage halten sollte. „Insbesondere Frauen neigen dazu, mehr zu geben als zu nehmen“, sagt Scheddin. Sie empfiehlt: offensiver sein. Das funktioniert zum Beispiel durch Hinweise wie: Wenn du zu Thema Arbeitszeiterfassung etwas Interessantes liest, denk bitte an mich. Oder: Wenn du jemanden kennenlernst, der gut programmieren kann, sag mir bitte Bescheid.
Einfach mal machen
Niemand will sich aufdrängen. Doch häufig ist genau das Gegenteil der Fall: „Die meisten halten sich eher vornehm zurück“, sagt Scheddin. „Menschen machen sich zu viele Gedanken darüber, was sie sagen sollten oder was andere denken könnten.“ Wer beiläufig Netzwerken will, sollte der Expertin zufolge einfach in Kontakt mit den anderen treten, ohne sich vor einem Korb zu fürchten: „Natürlich ist das ein Risiko, aber es zahlt sich meistens aus.“
Wenn das Gegenüber nie abhebt und auch nicht zurückruft, E-Mails und Nachrichten ignoriert – muss man allerdings einsehen, dass kein Interesse besteht, findet Martina Hass: „Dann ist es zu viel des Guten.“ Zum Einfach-Mal-Machen gehört auch eine gesunde Portion Selbstbewusstsein. Das gilt vor allem für junge Menschen: „Sie denken oft, sie hätten anderen noch nichts anzubieten“, sagt Haas. Weit gefehlt, denn der Nachwuchs punktet mitunter mit innovativen Ansätzen, klugen Fragen und neuen Perspektiven.
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