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CCS: Großbritannien macht den Traum vom Endlager für CO2 wahr

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Die North Sea Transition Authority hat 20 Lizenzen für Endlager von Kohlendioxid in den britischen Küstengewässern vergeben. CO₂ soll in ausgeförderten Öl- und Gasfeldern am Meeresgrund gespeichert werden. Auch in Deutschland laufen Vorbereitungen für eine übergangsweise Lagerung.

Sie liegen vor der Küste von Aberdeen und Liverpool, in den Gewässern vor Teesside, Lancashire und Lincolnshire. Insgesamt 20 Lizenzen für eine mögliche Lagerung von Kohlendioxid hat die britische North Sea Transition Authority (NSTA) Ende vergangener Woche vergeben. Zwölf Unternehmen haben einen Zuschlag bekommen und können nun mit der ausführlichen Begutachtung des zugeteilten Geländes beginnen.

„Die britischen Küstengewässer gehören zu den Kronjuwelen unseres Energie-Mixes, sie liefern Energiesicherheit, helfen bei der Emissionsreduzierung und der Lagerung von Kohlendioxid“, sagte Stuart Payne, Geschäftsführer der NSTA.

Der Schritt ist ein Novum: Zwar sind eine Handvoll vergleichbarer Berechtigungen in der Vergangenheit in Großbritannien und Norwegen bereits direkt vergeben worden, vor allem zu Forschungszwecken. Nun wurde die Vergabe aber zum ersten Mal in Europa als umfangreiche Ausschreibung strukturiert. Aktive Lagerstätten gibt es im Vereinigten Königreich bisher nicht.

Erhebliche Hoffnungen setzt die Insel in die Methode. In den jetzt vergebenen Standorten, die sich über 12.000 Quadratkilometer erstrecken, könnten bis 2030 bis zu 30 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr eingelagert werden. Das würde rund zehn Prozent der Emissionen von 2021 entsprechen, rechnete Payne vor.

Doch Schätzungen gehen davon aus, dass unter dem Meeresboden vor der britischen Küste genug Raum vorhanden ist, um bis zu 78 Milliarden Tonnen CO₂ einzulagern. Das bietet so viel Potenzial, dass Großbritannien auf mittlere Sicht die Lagerung auch für andere Staaten übernehmen könnte.

Die Regierung sieht erhebliche Chancen für die nationale Industrie. Für die kommenden 20 Jahre hat sie 20 Milliarden Pfund (23 Milliarden Euro) für Forschung und Entwicklung zu sogenannten CCS-Lösungen bereitgestellt. CCS steht für „Carbon Capture and Storage“ oder CO₂-Abscheidung und -Speicherung. Die Details dieses Förderprogramms sind allerdings noch offen.

Die Idee: Kohlendioxid wird direkt an der Emissionsquelle aufgefangen. Über Pipelines wird das hoch verdichtete Gas dann in unterirdische Speicher geleitet. Dort soll es gesichert und dauerhaft gelagert werden, ohne weitere Wirkung zu entfalten. Vor der britischen Küste sind in erster Linie ausgebeutete Öl- und Gasfelder ausgemacht worden, um für diese Lagerung zum Einsatz zu kommen.

Auch anderswo laufen Vorbereitungen, das Treibhausgas unterirdisch einzulagern, um die Klimafolgen in den Griff zu bekommen. Norwegen hat eine Reihe von Standorten ausgewiesen. Laut den Planungen könnte in dem Feld Northern Lights bereits im kommenden Jahr mit der Einlagerung von CO₂ begonnen werden. Auch Dänemark und die Niederlande haben Gasfelder vor der Küste dafür bestimmt.

In Deutschland laufen Vorbereitungen für eine übergangsweise Lagerung am Tiefwasserhafen von Wilhelmshaven. Von dort soll das Gas weiter in die endgültigen Lagerstätten in der Nordsee gepumpt werden. Hier wird auch an einer umfangreichen Strategie zu CCS gefeilt. Angesichts des hohen Anteils an energieintensiver Industrie im Land sei anders das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 nicht zu erreichen, sagen Experten.

Kritiker fürchten, dass Unternehmen CCS als Hintertür nutzen

Kritiker machen der Methode zum Vorwurf, dass es sinnvoller sei, in die Vermeidung von Emissionen und alternative Methoden der Energiegewinnung zu investieren, als auf die Lagerung zu setzen. Unternehmen und Industriezweige, die bisher wenig Fortschritte gemacht haben bei der Reduzierung ihres Ausstoßes, könnten diese Hintertür nutzen, um auch künftig ihren Energieverbrauch nicht ausreichend auf sauberere Methoden umzustellen.

Mit der Einleitung in die ausgewiesenen und vergebenen Lagerstätten könnte innerhalb der kommenden sechs Jahre begonnen werden, sagte NSTA. Die künftigen Betreiber müssen dafür allerdings noch eine Reihe weiterer Verträge abschließen und Zustimmungen einholen.

Die entsprechenden Meeresabschnitte sind im Besitz des Crown Estate, der Ländereien im Besitz des Königshauses. Dazu gehört praktisch der gesamte Meeresgrund vor der Küste bis zur Grenze der Zwölf-Meilen-Zone. Für die Nutzung muss eine Pacht verhandelt werden.

Daran habe die Verwaltung der Kronländereien aber auch ein großes Interesse, um mitzuwirken am Umbau der Energiewirtschaft im Land, sagte Colin Palmer, zuständig für Meeresumgebung beim Crown Estate Scotland. Zusätzlich werden weitere Lizenzen und Zustimmungen vor der Einleitung notwendig.

19 Unternehmen haben sich an der Ausschreibung beteiligt, ein Beleg für das große Interesse an der jungen Technologie, die aber erst noch unter Beweis stellen muss, dass sie sich in großem Stil nutzen lässt. Zwölf davon haben einen Zuschlag bekommen, unter anderem Spirit Energy, ein Gemeinschaftsunternehmen der British-Gas-Mutter Centrica und der Stadtwerke München.

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