Der HSV hat die Tabellenführung der Zweiten Liga verpasst. Die Hamburger kamen in Karlsruhe unter die Räder. Trainer Tim Walter verlor die Nerven, sah Rot und knöpfte sich den vierten Offiziellen vor. Zuvor hatte schon einer seiner Spieler den Platz verlassen müssen.
Sie hatten das Tempo gehalten, ihre Serien ausgebaut und von der Bundesliga geträumt. Im Gleichschritt strebten Darmstadt 98, der Hamburger SV und Heidenheim der Bundesliga entgegen. Nun, am 24. Spieltag, ließen sie alle gemeinsam Federn.
Nachdem der Tabellenführer aus Südhessen am Samstagnachmittag überraschend 1:3 bei Arminia Bielefeld verloren hatte, waren die Heidenheimer am Abend nur zu einem Remis in Düsseldorf gekommen. Und am Sonntag verpasste es der zuvor siebenmal ungeschlagene Hamburger SV, die Patzer der Konkurrenten zu nutzen. Statt der Tabellenführung hatten die Hanseaten auf der Rückfahrt nach dem Auswärtsspiel beim Karlsruher SC eine 2:4-Niederlage im Gepäck. „Wir müssen zur Pause 5:0, 6:0 führen, dann ist das Ding vorbei“, sagte KSC-Trainer Christian Eichner.
Sportlich kein allzu großes Problem, da auch die direkten Verfolger allesamt nicht gewinnen konnten. Aus der oberen Tabellenhälfte kam allein der Siebte, FC St. Pauli, mit dem 2:1 gegen Fürth und der zuvor auf Rang neun platzierte KSC zu Siegen.
HSV-Coach Tim Walter, einst Jugendtrainer beim KSC, verlor in der Nachspielzeit dennoch komplett die Nerven. Nach verbalen Auseinandersetzungen mit der Karlsruher Bank im Anschluss an das 2:4 hatte der Trainer die Rote Karte gesehen und knöpfte sich auch noch den vierten Offiziellen Martin Speckner vor, der den Vorfall offenbar beim Schiedsrichter gemeldet hatte. Da Walter seinen deutlichen Worten Nachdruck verlieh, indem er dem Unparteiischen energisch mit dem Zeigefinger gegen die Brust tippte und am Ende sogar schubste, dürfte den Hamburgern noch ein Nachspiel drohen.
„Das war mit das Schlechtste, was der HSV jemals in meiner Zeit auf den Platz gebracht hat“, ordnete Walter die ersten 45 Minuten ein: „In der zweiten Halbzeit haben wir es dann allerdings wirklich sehr, sehr gut gemacht.“
Die Hamburger wurden vor 23.532 Zuschauern im Karlsruher Wildpark in der ersten Halbzeit phasenweise überrannt. Paul Nebel (11. Minute), Leon Jensen (17.) und Fabian Schleusener (32.) trafen zur komfortablen Führung für die Gastgeber, die ihren fünften Sieg in Serie feierten und sich im Tabellenmittelfeld weiter nach oben arbeiteten. Zudem traf Jensen die Latte (20.). Nach der Pause sorgte Schleusener dann auch für den Endstand (89.).
Torjäger Robert Glatzel hatte die Gäste in der zweiten Hälfte per Doppelpack (50./80.) noch mal herangebracht. In der Schlussphase wurde es dann wild: Erst sah Hamburgs Javi Montero Gelb-Rot (87.), dann traf Schleusener zum 4:2 und schließlich bekam HSV-Trainer Walter Rot wegen Meckerns gezeigt (90.+1). Glatzel machte vor allem die unterirdische erste Halbzeit Sorgen: „Eine Vollkatastrophe. Da fehlen einem echt die Worte. Das hat mit Zweiter Liga nichts zu tun gehabt. Bodenlos.“
Hannovers Siegtor zählt nicht
Der FC Hansa Rostock hat seine Negativserie dagegen gestoppt und im Abstiegskampf einen wichtigen Punkt gesammelt. Nach zuletzt drei Niederlagen nacheinander erkämpften die Mecklenburger am Sonntag bei Hannover 96 verdient ein 1:1 (1:0) und profitierten dabei von zwei Entscheidungen des Videoschiedsrichters (VAR). Hansa liegt in der Tabelle zwei Punkte vor dem Abstiegs-Relegationsrang, Hannover bleibt im Mittelfeld und ohne Ligasieg in diesem Jahr.
Dennis Dressel (44. Minute) brachte die Gäste in einer umkämpften Partie durch eine traumhafte Direktabnahme in den Torwinkel in Führung. Max Besuschkow (61.) glich für die Niedersachsen aus. Beide Teams kamen zu aussichtsreichen Chancen, Rostock scheiterte mehrere Male am starken 96-Torwart Ron-Robert Zieler.
Die Gäste hatten zudem Glück. Zwei Treffer der Gastgeber wurden jeweils nach Überprüfung des Videoschiedsrichters nicht gegeben. Referee Daniel Siebert nahm einen Treffer von 96-Offensivspieler Maximilian Beier zurück, weil zuvor Mitspieler Sebastian Ernst sein Bein zu hoch hatte. In der zweiten Hälfte nahm Siebert ebenfalls einen Treffer der Hausherren nach VAR-Entscheidung wegen Abseitsstellung zurück.
Kiel belohnt sich nicht
Aus dem Tabellenkeller nähert sich nun aber Jahn Regensburg an. Die Süddeutschen schafften den Sprung auf den Relegationsplatz mit einem späten Siegtreffer. Am Sonntag gewann der Jahn bei Holstein Kiel vor 10.698 Zuschauern mit 2:1 (1:1). Für die Gäste aus Regensburg trafen Kaan Caliskaner (45. Minute) und Prince Osei Owusu (87.). Das Tor für Kiel erzielte Steven Skrzybski (45.+4). Regensburg steht nun auf dem 16. Tabellenplatz. Kiel rangiert auf Rang neun.
Kiel war zwar über das gesamte Spiel die dominierende Mannschaft, doch Regensburg gewann aufgrund seiner Effektivität. Nach einem Zuspiel von Benedikt Saller auf Caliskaner traf dieser aus kurzer Distanz zum 1:0. Kiel hatte zunächst die richtige Antwort parat. Noch in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit gelang Skrzybski nach einer Flanke von Philipp Sander der Ausgleich.
In der zweiten Halbzeit ließ Holstein mehrere Chancen ungenutzt. In der 63. Minute und in der 70. Minute setzte der Kieler Fabian Reese den Ball jeweils knapp neben das Tor. In der 80. Minute köpfte Holstein-Kapitän Hauke Wahl zudem direkt an den Pfosten. Obwohl sich Regensburg völlig zurückgezogen hatte, gelang dem eingewechselten Owusu der überraschende Siegtreffer.