Drei Treffer hat Enner Valencia bislang bei dieser Fußball-WM erzielt. Damit führt der Stürmer Ecuadors nicht nur die Torschützenliste an, sondern hat schon jetzt Historisches vollbracht. Am Dienstag soll die nächste Show des 33-Jährigen folgen.
Mit einem dicken Eisbeutel auf seinem rechten Knie saß Enner Valencia auf der Auswechselbank. Man durfte sich durchaus sorgen um den Stürmer, der gerade mit einer Trage vom Feld gebracht worden war. Er, der Held seines Landes, der Führende der Torschützenliste bei der Winter-Weltmeisterschaft drohte vielleicht länger auszufallen. Doch am Ende taugte seine Aktion wohl vor allem für eines: um ein bisschen Zeit von der Uhr zu nehmen und das 1:1 gegen die Niederlande zu halten.
Valencia ist so etwas wie die offensive Lebensversicherung in der Auswahl Ecuadors. Er hat nicht nur doppelt getroffen beim 2:0 im Eröffnungsspiel gegen den inzwischen bereits ausgeschiedenen Gastgeber Katar. Er hat auch danach das wichtige 1:1 gegen die weitaus höher eingeschätzten Niederländer erzielt. Mit drei Toren hat er sogar solche internationalen Stars wie Olivier Giroud (Frankreich), Richarlison (Brasilien) oder Bukayo Saka (England) bislang im aktuellen WM-Ranking hinter sich gelassen – auch wenn die meisten von ihnen erst einmal bei der Wüsten-WM im Einsatz waren.
Und es darf als kurios bezeichnet werden, dass bei Ecuadors bis dato letzter WM-Teilnahme 2014 in Brasilien ebenfalls der bullige Angreifer alle drei Turniertore markierte. „Das ist einfach großartig. Ich genieße das sehr“, meinte Valencia nach dem Remis gegen „Oranje“.
Historisches ist dem 33-jährigen Altstar bereits jetzt gelungen. Bislang gab es in der langen Liste der globalen Fußball-Turniere nur drei Spieler, die ebenfalls sechsmal in Serie bei einem Weltturnier für ihr Land getroffen hatten: Eusebio für Portugal 1966, Italiens Paolo Rossi 1982 und der Russe Oleg Salenko 1994. Sollte Valencia auch im letzten Gruppenspiel am kommenden Dienstag (16 Uhr, Liveticker auf welt.de) gegen den Afrikameister Senegal erfolgreich sein, hat er den Rekord allein inne.
„Wird nicht so schlimm sein“
Dass es trotz der Verletzungseinlage in dem Duell mit den Niederländern für einen Einsatz reichen dürfte, machte Valencias Mitspieler Robert Arboleda am später Freitagabend klar: „Es wird schon nicht so schlimm sein“, sagte der Verteidiger. „Er ist okay. Er hat einen Schlag abbekommen, aber mehr nicht.“
Sie wissen, dass sie ihn brauchen werden beim letzten Gruppenspiel, um den erstmaligen Einzug in ein WM-Achtelfinale seit 2006 zu schaffen. Der Rekordtorschütze seines Landes, der in 76 Spielen 38-mal traf, gilt als unersetzbare Größe im Kader von Trainer Gustavo Alfaro. „Valencia arbeitet so hart, und wir sind so froh, so einen Kapitän zu haben“, sagte er im Anschluss an das Spiel gegen die Niederlande.
Während es für den nur 1,77 großen Angreifer im Nationalteam seit seinem Debüt vor zehn Jahren fast immer lief, musste er bei seinen Vereinsstationen das eine oder andere Wellental durchschreiten. 2014 wechselte er nach seiner starken Performance bei der WM vom mexikanischen Verein CF Pachuca nach Europa: West Ham United ließ sich den Deal 15 Millionen Euro kosten, Valencia erhielt einen Fünf-Jahres-Vertrag. Doch beim neuen Klub lief es nicht gut, auch eine Leihsaison für den FC Everton war nicht von Erfolg gekrönt. Insgesamt kam der Stürmer nur auf elf Tore in 75 Premier-League-Spielen.
Im Juni 2017 wechselte Valencia zurück nach Mexiko, diesmal zu UANL Tigres. Mit acht Treffern avancierte er dort 2019 zum besten Torschützen der CONCACAF Champions League – der Fußball-Königsklasse in Nord- und Zentralamerika. Es folgte der abermalige Wechsel nach Europa, diesmal zu Fenerbahçe Istanbul. Dort stehen für ihn bislang 32 Tore in 71 Spielen zu Buche: Eine gute Quote, die er nun auch bei der WM bestätigt. „Er hatte eine harte Zeit. Er wurde in Ecuador infrage gestellt, aber jetzt sehen wir, was er uns geben kann“, erklärte Trainer Alfaro.