Schock für den FC Bayern, Chance für Dortmund. Die Münchner verloren im Fernduell um die Meisterschaft zu Hause gegen RB Leipzig und dabei erstmals seit 16 Jahren nach Pausenführung ein Heimspiel. Nun hat es der BVB selbst in der Hand.
Seit 16 Jahren hatte der FC Bayern nach einer Pausenführung kein Heimspiel mehr verloren. 2007 war es zum letzten Mal passiert. Gegner war der Hamburger SV. Seitdem hat sich viel verändert, doch eine Sache blieb: Meister werden am Ende (fast immer) die Münchner, zuletzt war das zehnmal in Folge so.
Nun allerdings hat der FC Bayern Borussia Dortmund die Meistertür ganz weit aufgemacht. Die Münchner Serienmeister patzten bei ihrer ultimativen Titelprüfung gegen einen nach der Pause mächtig aufdrehenden DFB-Pokalfinalisten RB Leipzig und müssen nach ihrem 1:3 (1:0)-Schock fürchten, dass der einen Punkt zurückliegende BVB am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) mit einem Erfolg beim FC Augsburg an ihnen vorbeizieht.
Eine titellose Saison und heftige Turbulenzen im Verein könnten für den deutschen Meister der vergangenen zehn Spielzeiten nun zur Realität werden – mit Konsequenzen bis hinauf in die Vereinsführung. Vorstandschef Oliver Kahn und Co. saßen konsterniert auf der Tribüne. „Wenn wir das letzte Spiel gewinnen, dann muss Dortmund beide Spiele gewinnen. Und das will ich erst mal sehen. Wir müssen jetzt diese Woche zusammenstehen und in Köln gewinnen“, sagte Thomas Müller.
Lange Zeit hatten Trainer Thomas Tuchel und seine Spieler eine Hand an der Meisterschale. Vor 75.000 Zuschauern in der ausverkauften Arena sorgte Nationalspieler Serge Gnabry in der 25. Minute für das 1:0. Die Bayern hatten Spiel und Gegner im Griff – bis es nach 30 Minuten einen unerklärlichen Bruch im Spiel gab und Leipzig später knallhart zurückschlug. Der mutmaßliche Bayern-Zugang Konrad Laimer erzielte bei einem Konter nach einem abgewehrten Münchner Eckball den Ausgleich (65.).
Leipzig spielt Champions League
Und es kam noch ärger für den Tabellenführer: Der Franzose Christopher Nkunku verwandelte nach einem Foul seines Landmanns Benjamin Pavard an ihm den fälligen Elfmeter (76.). Und es folgte noch ein Strafstoß. Diesmal verwandelte Dominik Szoboszlai nach einem Handspiel von Bayern-Verteidiger Noussair Mazraoui (85.). Leipzig löste mit dem Sieg vorzeitig als Tabellendritter das Champions-League-Ticket.
„Für den FC Bayern ging es ja auch um viel, aber wir haben es heute einfach gut gemacht“, sagte Torschütze Laimer: „Wir sind fix in der Champions League. Und das ist das, was zählt.“
Nur eine halbe Stunde lang lief das Bayern-Spiel nach Plan. Der 27-jährige Gnabry erzielte das 2700. Bayern-Heimtor in der Bundesliga. Es war Gnabrys fünfter Treffer in den vergangenen vier Partien. Und das Tor war von hinten bis vorne beim Angriffszug über den starken Joao Cancelo und Kapitän Thomas Müller wunderbar heraus kombiniert. Gnabry schloss mit einem strammen Schuss an den Innenpfosten ab. Bundestrainer Hansi Flick durfte sich als Tribünengast über Gnabrys Form-Hoch vor den drei Länderspielen im Juni freuen.
„Wir müssen unsere Sachen erledigen“, hatte Tuchel vor dem Anpfiff bei Sky zum engen Titelrennen mit dem BVB gesagt. Er stellte seine Elf einen Tick defensiver auf, indem er im Vergleich zum 6:0 gegen Schalke Leon Goretzka für Leroy Sané nominierte. „Mit einer Sechs war es mir zu riskant“, begründete Tuchel seine Vorsicht gegen die konterstarken Leipziger.
Deren Offensive trat erst in Rückstand liegend in Erscheinung. Dreimal musste Bayern-Torwart Yann Sommer in kurzen Abständen gegen Dominik Szoboszlai (34.), Christopher Nkunku (34.) und Dani Olmo (37.) parieren. Nach der Pause waren die Münchner im Vorwärtsgang nicht mehr zwingend, während die Leipziger total effektiv auftraten. „Abgezockt sieht anders aus“, kritisierte Thomas Müller: „Die zweite Halbzeit, wenn man sich die mal reinzieht. Wie RB drei Tore gegen und schießt: Wir haben mit eigenen Fehlern RB eingeladen. Die hatten ja nicht viele Torchancen, zwei Elfmeter und ein Konter. Das sagt vieles aus.“