Ein Platz in der norwegischen Königsloge, eine kleine Kristallkugel und das Outfit einer Superheldin: Denise Herrmann-Wick sagt mit einem ereignisreichen Wettkampf-Wochenende dem Biathlon fürs Erste Lebewohl. Als Sechste ist sie zum Abschluss zweitbeste Deutsche.
Völlig von ihren Gefühlen übermannt, vergoss Denise Herrmann-Wick im Zielraum Tränen. Nach den letzten Metern ihrer großen Biathlon-Karriere konnte sich die Olympiasiegerin vor Umarmungen kaum retten. „Es ist alles gerade total überwältigend. Dass es jetzt vorbei sein soll, geht mir nicht in den Kopf“, sagte sie.
Dann streifte sich Herrmann-Wick einen roten Superman-Umhang mit „D“-Aufdruck um und spritzte wild mit Sekt um sich. Mit ihrem Triumph im Sprint von Oslo hatte es die Weltmeisterin tags zuvor noch einmal allen gezeigt. Im ungeliebten Massenstart verabschiedete sie sich bei tiefem Nebel am berühmten Holmenkollen trotz dreier Schießfehler als starke Sechste endgültig in die Biathlon-Rente. Das letzte Rennen habe ihr „nochmal alles abverlangt“, verriet Herrmann-Wick in der ARD: „Es ist einfach ein schöner Abschluss, jetzt nochmal alle dazuhaben. Ich bin ein bisschen sprachlos.“
Im Schatten des emotionalen Abschieds begeisterte eine ihrer Teamkolleginnen mit ihrem besten Karriereergebnis: Hanna Kebinger schoss nur einmal daneben und verfehlte das Podest um drei Sekunden. „Ich kann nur über das ganze Gesicht strahlen. Es ist unglaublich“, sagte sie: „Vielleicht kann ich nächstes Jahr einen Schritt weiter gehen.“
Herrmann-Wick hatte ihr finales Meisterstück nach zwei fehlerfreien Schießeinlagen bereits tags zuvor hingelegt. Durch ihren Sprint-Sieg durfte sie ausgerechnet bei ihrer letzten Weltcup-Reise nach Oslo erstmals in der Loge des norwegischen Königs Platz nehmen – und mit einem breiten Grinsen im Gesicht mit Harald V. plaudern. Obendrein sicherte sie sich wie schon in der Saison 2019/20 die kleine Kristallkugel für die Disziplinwertung. Da der Sprint wegen zu starken Nebels am Freitag um einen Tag verschoben worden war, entfiel die Verfolgung.
Der Deutsche Skiverband verliert nach Magdalena Neuner, die 2011 mit nur 24 Jahren zurückgetreten war, und Laura Dahlmeier, die 2019 im Alter von 25 keine Motivation mehr hatte, erneut ein Aushängeschild. Die viermalige Junioren-Weltmeisterin Selina Grotian, der im Sprint von Oslo als 40. ein solides Weltcup-Debüt gelang, gilt langfristig als eine mögliche Nachfolgerin.