Ein einziger Katarer hat sich bislang als homosexuell geoutet. Nasser Mohamed lebt derzeit in San Francisco und beobachtet das Geschehen rund um die Fußball-Weltmeisterschaft in seinem Heimatland mit Sorge. Die Privilegien, die die Regierung aktuell einräumt, sind für ihn keine Erleichterung.
Nasser Mohamed, der erste und bislang einzige öffentlich homosexuell lebende Katerer, hat seit Beginn der Fußball-WM im Emirat „konkrete Todesdrohungen“ erhalten. Das sagt er gegenüber RTL/ntv. Er fürchtet zudem, dass sich die Situation für Menschen der LGBTIQ+-Community im Land verschlechtern könnte: „Ich mache mir Sorgen, dass ich nach der WM, wenn dem ganzen Thema die letzte Aufmerksamkeit geschenkt wird, noch mehr gefährdet sein könnte.“
Die RTL-Reportage „Rote Karte statt Regenbogen“ liefert erschütternde Einblicke in das Leben von Mitgliedern der LGBTIQ+-Community im Emirat. Erstmals sprechen drei von ihnen offen vor der Kamera über ihre Ängste. Den Film von den RTL-Reportern Jonas Gerdes und Timo Latsch sehen Sie hier bei rtl+.
Mohamed, der derzeit in San Francisco lebt, betont, dass mit der schwindenden Aufmerksamkeit nach der WM zudem eine allgemeine Zunahme der Repressionen zu befürchten sei: „Die homophobe autoritäre Diktatur in Katar denkt nicht, dass unsere LGBT-Rechte Menschenrechte sind. Sie lassen sich provozieren und warten nur darauf, bis die WM vorbei ist, um sich auf uns zu stürzen, und genau das macht mir Sorgen.“
Das WM-Gastgeberland steht wegen massiver Menschenrechtsverletzungen und dem Umgang mit der LGBTIQ+-Gemeinschaft stark in der Kritik. Auch seit Beginn des Turniers hatte es wiederholt Einschränkungen etwa in Bezug auf die „One Love“-Armbinde einiger Kapitäne von Teilnehmerländern, darunter auch für DFB-Spielführer Manuel Neuer, gegeben. Zudem waren mehrere Fans und Journalisten mit Hüten oder T-Shirts in Regenbogenfarben am freien Zutritt zum Stadion gehindert worden.
Erst am Donnerstag hatte es Andeutungen für Lockerungen in Bezug auf das Zeigen der Regenbogenfarben in Katars Stadien vonseiten des Veranstalters FIFA und der Gastgeber gegeben. Ein Zeichen aber, das Mohamed besorgt: Die Tatsache, dass die Regierung nun bereit sei, Besuchern Privilegien zu gewähren, habe „keinerlei Auswirkung auf die lokale LGBT-Gemeinschaft. Im Gegenteil: Es isoliert uns sogar noch mehr.“
Der gebürtige Katarer hält gegenüber RTL/ntv fest: „Die Frage nach den LGBT-Rechten ist sehr politisiert worden, dass es ehrlich gesagt entmutigend ist. Menschenrechte sollten nicht politisch sein, aber sie sind es jetzt.“