An diesem Sonntag wählt Griechenland eine neue Regierung. Und anders als zunächst gedacht wird es nun doch spannend. Am Ende könnte ein bekanntes Gesicht das Land wieder anführen.
Das Wichtigste im Überblick
Sie waren wohl das bekannteste griechische Politikergespann der vergangenen Jahre: Alexis Tsipras und Yanis Varoufakis. Zwei linke Politiker, die Griechenland nach der Finanzkrise regierten – und vor allem mit der damaligen deutschen Regierung oft in Konflikt gerieten.
Nun stehen beide wieder zur Wahl, allerdings nicht mehr für die selbe Partei. Einer von ihnen kann sich sogar Chancen auf den Wahlsieg ausrechnen.
Wer sind die aussichtsreichsten Kandidaten?
Derzeit stehen vor allem zwei Parteien hoch im Kurs: die derzeit regierende, konservative Nea Dimokratia und die linke Syriza. Beide können mit prominenten Köpfen aufwarten. Für die Konservativen geht der derzeitige Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis ins Rennen, für Syriza Tsipras, der das Land zwischen 2015 und 2019 führte – zunächst im Gespann mit seinem damaligen Finanzminister Yanis Varoufakis.
Letzterer tritt ebenfalls zur Wahl an, als Spitzenkandidat der linksradikalen Kleinpartei MeRA25. Zwischen Tsipras und Varoufakis kam es 2015 nach nur einem halben Jahr Regierungszeit zum Bruch, als Tsipras den Sparmaßnahmen für das dritte Paket der Eurorettung in Griechenland zustimmte.
Die Konservativen führen die Umfragen mit rund 36 Prozent an, die frühere Regierungspartei Syriza liegt bei 29 Prozent. Die Partei von Varoufakis liegt hingegen weit abgeschlagen bei vier Prozent.
Wichtig könnte zudem die sozialdemokratische Partei Pasok werden – die Partei, in deren Regierungszeit 2010 die Eurokrise ausbrach. Die ehemalige Volkspartei verlor bei der anschließenden Wahl 70 Prozent ihrer Wähler und verschwand fast in der Bedeutungslosigkeit. Bei dieser Wahl könnte sie jedoch Königsmacherin werden. In den Umfragen liegt sie derzeit mit rund zehn Prozent an dritter Stelle.
Welche Themen bestimmen die Wahl?
Auch in Griechenland sind die Preise nach der russischen Invasion in die Ukraine deutlich gestiegen. Wenig überraschend also, dass Themen wie Lebenshaltungskosten und Einkommen die Wahlen bestimmen. „Die Wähler stimmen für die Partei, der sie in diesen Themen die größten Kompetenzen zutrauen“, sagt Nick Malkoutzis, Gründer des Informationsdienstes Macropolis für Griechenland-Analysen. Besonders Mitsotakis‘ Nea Dimokratia profitiert in diesem Bereich, auch weil sie das Land glimpflich durch die Corona-Krise steuerte.
Auffällig aber sei, dass diese Wahl sich von den vorangegangenen erheblich unterscheidet, sagt Malkoutzis. Früher sei es um große politische Richtungsentscheidungen gegangen – links oder rechts, pro-EU oder anti-EU.
„Der diesjährige Wahlkampf ist viel pragmatischer“, so Malkoutzis. Die Parteien sind näher zusammengerückt, über die Euro- oder EU-Mitgliedschaft diskutieren die großen Parteien nicht mehr. Malkoutzis sieht einen Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Situation. Das Land habe sich aus der Finanzkrise herausgearbeitet, gilt in der EU mittlerweile als positives Beispiel.
Waffenlieferungen an die Ukraine umstritten
Dennoch gibt es einige Themen, an denen sich die Opposition mit der Regierung reibt. Da sind zum einen die Waffenlieferungen an die Ukraine. Ministerpräsident Mitsotakis hatte diese schnell und unbürokratisch in die Wege geleitet, ohne auf die Opposition zuzugehen. Diese reagierte mit deutlicher Kritik. Wo also steht Syriza in dieser Frage?
Der Partei wurde zu Beginn zwar nachgesagt, die Nähe zu Russland zu suchen, in ihrer Regierungszeit aber wandelte sich das deutlich. „Die Beziehungen mit den USA waren nie so eng wie in dieser Zeit“, sagt Malkoutzis. Die Waffenlieferungen an die Ukraine sah die Partei zunächst skeptisch. „Traditionell hat Griechenland immer vermieden, sich in bewaffnete Konflikte einzumischen“, sagt Malkoutzis.
Er könne sich dennoch vorstellen, dass sich an der Unterstützung der Ukraine nur wenig ändere, sollte Syriza mit den Sozialdemokraten eine Koalition eingehen. Wäre eine solche Mitte-Links-Koalition aber auf einen dritten Partner angewiesen, etwa MeRA25 von Varoufakis, werde es kompliziert, so Malkoutzis. Denn der frühere Finanzminister lehnt Waffenlieferungen entschieden ab.