Russland wäre zu einem dauerhaften Frieden in der Ukraine nach eigenen Angaben erst dann bereit, wenn es sich den Großteil des angegriffenen Nachbarlands einverleibt hat. Der Vize-Chef des russischen Sicherheitsrates, Ex-Präsident Dmitri Medwedew, skizzierte drei nach seiner Darstellung wahrscheinliche Szenarien für den Ausgang des Krieges. In der von ihm bevorzugten Variante würden westliche Regionen der Ukraine mehreren EU-Staaten zugeschlagen und die östlichen Russland, während die Einwohner der zentralen Gebiete für den Beitritt zu Russland stimmen.
Bei diesem Ausgang „endet der Konflikt mit ausreichenden Garantien, dass er auf lange Sicht nicht wieder aufgenommen wird“, schrieb Medwedew im Online-Dienst Telegram. Sollte hingegen ein unabhängig gebliebener Teil der Ukraine der EU oder der Nato beitreten, sei mit einem Wiederaufflammen der Kampfhandlungen zu rechnen, „mit der Gefahr, dass es schnell in einen vollwertigen dritten Weltkrieg übergehen kann“, behauptete der Vertraute von Kremlchef Wladimir Putin.
Medwedew sagte laut russischer Nachrichtenagentur RIA, der Krieg in der Ukraine könnte Jahrzehnte dauern. Es könne „drei Jahre Waffenstillstand geben, dann wieder zwei Jahre Konflikt, und dann wird sich alles wieder wiederholen“.
Bei einem für Moskau nach Medwedews Worten „temporär“ annehmbaren Szenario würde die Ukraine im Zuge des Krieges vollständig zwischen EU-Ländern und Russland aufgeteilt, während in Europa eine ukrainische Exil-Regierung gebildet würde. Andere Varianten als diese drei seien nicht realistisch, „das ist allen klar“, behauptete Medwedew – auch wenn es einigen im Westen „unangenehm“ sei, dies zuzugeben. Die Ukraine bezeichnete er als „sterbenden Staat“, der infolge eines verlorenen militärischen Konflikts zerfallen werde.
Aktuelle Entwicklungen im Liveticker:
03:12 Uhr – USA verhängen Sanktionen gegen Wagner-Söldnergruppe in Mali
Die USA haben gegen den örtlichen Chef der berüchtigten russischen Söldnergruppe Wagner in Mali wegen mutmaßlichen Waffenschmuggels für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine Sanktionen verhängt. Die örtliche Wagner-Gruppe unter der Leitung von Iwan Alexandrowitsch Maslow „könnte versuchen, ihre Bemühungen zum Erwerb von Militärausrüstung, die in der Ukraine eingesetzt“ werden soll, über Mali und andere Länder zu steuern, erklärte das US-Finanzministerium.
Die Söldnergruppe des russischen Geschäftsmanns und Kreml-Vertrauten Jewgeni Prigoschin könnte demnach falsche Papiere benutzen, um den Erwerb und den Transport von Minen, unbemannten Luftfahrzeugen sowie Radar- und Abwehrsystemen für den Einsatz in der Ukraine auf diese Weise zu verschleiern.
00:40 Uhr – Moskau droht mit Stopp des Getreideabkommens
Russland droht das bestehende Getreideabkommen über den sicheren Export aus drei ukrainischen Schwarzmeerhäfen in Kriegszeiten nicht über den 17. Juli hinaus zu verlängern. Für ein Fortbestehen des Abkommens müssten erst bestimmte Forderungen erfüllt werden, wie das russische Außenministerium erklärte. Konkret handele es sich dabei um die Wiederinbetriebnahme einer Pipeline, die russisches Ammoniak zum ukrainischen Schwarzmeerhafen Pivdennyi transportiert, sowie die Wiederanbindung der russischen Landwirtschaftsbank Rosselkhozbank an das internationale Zahlungsnetzwerk Swift.
22:36 – Selenskyj will, dass seine Truppen mehr Kriegsgefangene machen
Der ukrainische Präsident Wolodymir Selenskyj hat seine Truppen aufgerufen, mehr russische Soldaten gefangenzunehmen. „Jeder an der Front sollte daran denken: Je mehr russische Kriegsgefangene wir nehmen, desto mehr unserer Leute werden zurückkehren“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.
Er begrüßte einen Gefangenenaustausch am Donnerstag, bei dem 106 ukrainische Militärangehörige von der russischen Seite übergeben worden seien. Sie hätten im Gebiet der inzwischen fast völlig zerstörten Stadt Bachmut gekämpft, sagte Selenskyj. Darunter seien acht Offiziere. Viele der zurückgekehrten Militärs hätten zuvor als vermisst gegolten. Moskau behauptet seit dem Wochenende, Bachmut erobert zu haben. Kiew bestreitet dies.
22:22 Uhr – EU fordert China auf, Russland vom Abzug aus der Ukraine zu überzeugen
Die Europäische Union hat China aufgefordert, auf einen Rückzug Russlands aus der Ukraine hinzuwirken. Die EU erwarte von China, dass es an einem „sofortigen und bedingungslosen Abzug aller russischer Streitkräfte und der gesamten Militärausrüstung“ vom gesamten Gebiet der Ukraine arbeite, teilte das Büro des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell mit. Zuvor hatte Borrells Stellvertreter, Enrique Mora, den chinesischen Sondergesandten für die Ukraine, Li Hui, zu Gesprächen über eine politische Lösung im Ukraine-Konflikt empfangen.
Am Freitag wird Li im Rahmen seiner Europareise zu einem Besuch in Moskau erwartet.
In dem Gespräch habe Mora mit Li die Möglichkeiten für einen „gerechten und dauerhaften Frieden“ erörtert, hieß es weiter. Der EU-Vertreter habe betont, dass die Ukraine das Recht habe, sich selbst zu verteidigen und dass die EU bereit sei, das Land „langfristig“ zu unterstützen.
21:00 Uhr – F-16-Kampfjets sind laut US-Generalstabschef keine „Wunderwaffen“
Die der Ukraine in Aussicht gestellten F-16-Kampfjets sind nach den Worten von US-Generalstabschef Mark Milley keine „Wunderwaffen“. „Manchmal werden bestimmte Dinge mit dem Etikett versehen, dass dies oder jenes die Wunderwaffe sein wird. Es gibt keine Wunderwaffen“, sagte Milley nach Video-Beratungen der internationalen Kontaktgruppe zur Koordinierung von Militärhilfe für das von Russland angegriffene Land. Die Kampfjets des US-Typs F-16 seien dies nicht – und andere Waffen auch nicht.
US-Präsident Joe Biden hatte beim G-7-Gipfel führender demokratischer Wirtschaftsmächte vergangene Woche in Japan den Weg dafür freigemacht, der Ukraine im Rahmen einer Koalition von Verbündeten F-16 zu liefern. Ukrainische Kampfpiloten sollen daran ausgebildet werden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, die Jets wären nicht nur eine Verstärkung zur Verteidigung seines Landes, sondern auch ein starkes Signal dafür, dass Russland mit seiner Aggression scheitern werde.
18:36 Uhr – 106 ukrainische Soldaten nach Gefangenenaustausch freigelassen
Die Ukraine hat nach eigenen Angaben im Zuge eines Gefangenen-Austausches die Freilassung von 106 Soldaten erreicht. Die Soldaten, darunter acht Offiziere, seien bei Kämpfen Bachmut gefangen genommen worden, teilt Regierungsmitarbeiter Andrij Jermak mit. „Jeder einzelne von ihnen ist ein Held unseres Staates.“
18:16 Uhr – 20.000 Wagner-Söldner laut Prigoschin bei Einnahme von Bachmut gestorben
Die russische Söldnergruppe Wagner hat ihrem Chef Jewgeni Prigoschin zufolge bei der Einnahme von Bachmut 20.000 Kämpfer verloren. Prigoschin gab die Zahl der Toten in einem Video bekannt, in dem er in Kampfausrüstung neben einem beschädigten Gebäude zu sehen ist. Nach seinen Angaben sollen bis zum 1. Juni die meisten Wagner-Mitglieder aus der durch monatelange Kämpfe zerstörten Stadt abziehen, um sie dem russischen Militär zu übergeben.
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