Liveticker Ukraine-Krieg
Ehemaliger Kommissionspräsident Juncker geht nicht von schnellem EU-Beitritt der Ukraine aus
Der frühere EU-Kommissionspräsident Juncker dämpft Erwartungen an einen baldigen Beitritt der Ukraine in die Europäische Union. Unterdessen kündigt der ukrainische Präsident neue Sanktionen gegen Russland und dessen Verbündete Iran und Syrien an. Mehr im Liveticker.
Der frühere EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat davor gewarnt, bei der Ukraine unrealistische Erwartungen auf einen raschen Beitritt zur Europäischen Union zu wecken. „Ich glaube, aus gegebenen Gründen braucht die Ukraine eine Beitrittsperspektive, aber ich bin sehr verstimmt über die Unvorsichtigkeit vieler auch im Westen handelnden Politiker, die der Ukraine einen schnellen Beitritt in Aussicht stellen, das sehe ich nicht“, sagte Juncker im Podcast „Wortwechsel“ der Zeitung „Luxemburger Wort“.
Es sei kein „gangbarer Weg“, ein Land, das sich im Kriegszustand befinde und sich deshalb „im Reformwillen nicht voll entfalten kann“, einfach so und aus übergeordneten politischen Gründen in die EU aufzunehmen, sagte Juncker. „Aber dass auf lange Sicht die Ukraine zu der Europäischen Union stoßen wird, halte ich nach den jüngeren Ereignissen für höchstwahrscheinlich.“
Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigte sich Juncker besorgt. Er selbst habe immer den Dialog mit Russland gesucht, genauso mit China. Auch jetzt sei er noch der Meinung, „dass wir mit Russland und mit China Kontakte halten müssen und Gesprächsbereitschaft signalisieren müssen.“ Tatsache sei aber, dass der russische Präsident Wladimir Putin „keinerlei Willen“ für „wirkliche Friedensgespräche“ erkennen lasse, so Juncker weiter.
Zu einem Diktatfrieden in der Ukraine dürfe es nicht kommen, mahnte Juncker weiter. „Unrecht ist Unrecht.“ Im Übrigen sei Frieden nicht der höchste Wert, den es zu verteidigen gelte, sagte Juncker. „Freiheit ist ein höher einzustufender Wert.“
Alle Entwicklungen im Liveticker:
04:21 Uhr – Putin besuchte ukrainische Hafenstadt Mariupol
Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Kremlchef Wladimir Putin die besetzten Gebiete des Nachbarlandes besucht. Wie der Kreml in der Nacht mitteilte, hatte Putin der in schweren Kämpfen zerstörte Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer einen „Arbeitsbesuch“ abgestattet. Nach seiner Ankunft in einem Hubschrauber habe er sich bei einer Rundfahrt über die Lage informiert und sich auch mit Bewohnern der Stadt unterhalten, berichtete die Staatsagentur Tass weiter. Russlands stellvertretender Regierungschef Marat Chusnullin habe Putin über den Stand der Wiederaufbauarbeiten informiert.
Mariupol steht seit Mai unter vollständiger Kontrolle des russischen Militärs. Die Stadt wurde während der Kämpfe weitgehend zerstört.
21:35 Uhr – Selenskyj kündigt weitere ukrainische Sanktionen gegen Russland an
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat neue Sanktionen seines Landes gegen Russland und dessen Verbündete Iran und Syrien angekündigt. „Die ukrainischen Sanktionen sind Teil des globalen Drucks auf Russland“, sagte der 45-Jährige am Samstag in seiner täglichen Videoansprache. Insgesamt betroffen seien 400 Personen und Firmen, darunter auch die Verantwortlichen für die Lieferungen der iranischen Shahed-Drohnen. Diese werden vom russischen Militär im Angriffskrieg gegen die Ukraine eingesetzt. Die Sanktionen haben wohl vor allem eine symbolische Bedeutung, da die meisten Betroffenen keine Geschäfte mit Kiew unterhalten.
20:00 Uhr – Medwedew ruft Amerikaner zum Aufstand für Ex-Präsident Trump auf
Russlands früherer Präsident Dmitri Medwedew hat die Amerikaner wegen der angeblich bevorstehenden Festnahme von Ex-US-Präsident Donald Trump zum Aufstand aufgerufen. „Holt Euch das Land zurück, Amerikaner! In den Kampf!“, schrieb Medwedew am Samstag in seinem Telegram-Kanal. Wie ernst der 57-Jährige seine Forderungen meinte, blieb dabei aber etwas unklar. Er schloss seinen Kommentar mit der wohl ironischen Bemerkung, er habe dies auf Bitten des Präsidentschaftskandidaten „Oberst Daniil Fjodorowitsch Trump“ geschrieben. Damit spielte er wohl auf Spekulationen um die Beziehungen zwischen dem früheren US-Präsidenten und dem Kreml an.
18:50 Uhr – Ukraine meldet zwei Tote im Kramatorsk
Im Osten der Ukraine sind nach Angaben der örtlichen Behörden zwei Menschen getötet worden. Acht Menschen seien verletzt worden, drei von ihnen schwer, teilte Bürgermeister Oleksandr Gontscharenko am Samstag auf Facebook mit. Bei dem Angriff sei Streumunition eingesetzt worden. Mehrere Gebäude seien beschädigt worden.
Reporter der Nachrichtenagentur AFP hörten im Kramatorsk gegen 16 Uhr ein Dutzend Explosionen und sahen Rauch in einem Park im Süden der Stadt aufsteigen. Kurz darauf waren in einem Wohngebiet mehrere weitere Explosionen zu hören. In dem Park erlag eine Frau, die von Munitionssplittern getroffen wurde, noch vor Ort ihren Verletzungen.
Kramatorsk war bereits am Dienstag Ziel russischer Angriffe gewesen. Dabei wurden ein Mensch getötet und drei weitere verletzt. Im April 2022 waren bei einem Raketenangriff auf den Bahnhof der Stadt rund 60 Zivilisten getötet worden.
18:05 Uhr – Russland akzeptiert Verlängerung des Getreideabkommens nur für 60 Tage
Russland will nach Angaben aus Moskau das Getreideabkommen mit der Ukraine nur um 60 Tage verlängern. „Wir sehen Berichte von Partnern des ‚Getreideabkommens‘, dass der Deal um 120 Tage verlängert wurde“, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, am Samstag laut der Nachrichtenagentur Interfax. „Wir haben wiederholt erklärt, dass die russische Seite alle Vertragspartner darüber informiert hat, dass sie das Abkommen um 60 Tage verlängert“, fügte sie hinzu.
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