Nicht nur in Deutschland, in vielen Ländern der Welt ist es üblich, an diesem Wochenende die Zeit umzustellen. Doch der geschäftsführende Ministerpräsident des Libanon, Mikati, hat andere Pläne. Denen allerdings widersetzen sich die Kirchen und Medien des Landes. Was folgt? Chaos.
Wegen einer politischen Auseinandersetzung über die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit gelten im Libanon ab sofort zwei Uhrzeiten parallel. Hintergrund ist ein umstrittener Beschluss des geschäftsführenden Ministerpräsidenten Nadschib Mikati, die Uhren in dem Mittelmeerland erst in vier Wochen umstellen zu lassen. Die maronitische Kirche hatte daraufhin am Samstag angekündigt, sich der Entscheidung zu widersetzen. Sie rief dazu auf, die Uhren in der Nacht zum Sonntag trotzdem eine Stunde vorzustellen – wie in den meisten Ländern Europas üblich.
Heute Morgen wachten viele Libanesen schließlich verwirrt mit zwei geltenden Uhrzeiten auf. Beispielsweise hatten auch die TV-Sender MTV und LBCI, weitere Medien sowie katholische Schulen die Uhren in der Nacht umgestellt.
Der Libanon ist konfessionell stark gespalten. Vermutet wird, dass der geschäftsführende Ministerpräsident Mikati mit seiner Entscheidung bei der muslimischen Bevölkerung punkten wollte, für die der Fastenmonat Ramadan begonnen hat. Diese könnten ihr Fasten durch die spätere Zeitumstellung bereits gegen 18 Uhr brechen, anstatt wie bisher um 19 Uhr. Auf Bildern und Videos im Internet ist zu sehen, wie er den Schritt mit Parlamentspräsident Nabih Berri diskutiert.
Wann ist eigentlich unser Termin?
Verwirrung dürften die beiden parallel geltenden Uhrzeiten vor allem bei Flugreisenden auslösen. Die staatliche Fluggesellschaft Middle East Airlines (MEA) hat die Anweisung von Mikati befolgt und eine Tabelle mit jeweils um eine Stunde vorgezogenen Abflugzeiten veröffentlicht. Damit will die Airline offenbar im internationalen Flugplan bleiben und Anschlussflüge ermöglichen, ohne dass Reisende in einer anderen Zeitzone ihre Flüge antreten müssen als der offiziell geltenden. Auf Twitter kursieren mehrere Videos vom Flughafen in Beirut, auf dem zwei Uhren nebeneinander zwei unterschiedliche Uhrzeiten anzeigen.
„Das Chaos ist in vollem Gange, während wir versuchen herauszufinden, wann unsere Termine am Montag stattfinden“, twitterte die Leiterin des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Beirut, Anna Fleischer. In sozialen Medien machte der Witz die Runde, dass man sich im Libanon jetzt mit dem Zusatz „muslimischer Zeit“ oder „christlicher Zeit“ verabreden müsse. Die Autorin Kim Ghattas schrieb, das Chaos wäre komisch, wenn es nicht ein weiteres Zeichen des „totalen Versagens auf allen Ebenen der politischen Anführer“ wäre.
Der Libanon steckt derzeit in einer der schwersten Wirtschaftskrisen seiner Geschichte. Das Land ist seit Monaten ohne Präsident und die geschäftsführende Regierung Mikatis nur eingeschränkt handlungsfähig. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erklärte zuletzt, das Land befinde sich an einem „sehr gefährlichen Scheideweg“.