Die klimaneutrale Transformation der Wirtschaft gebe es nicht zum Nulltarif, sagt SPD-Chef Klingbeil. Seine Partei werde deshalb bis zum Dezember ein neues Steuerkonzept vorstellen – und die Reichen mehr belasten wollen. Bei dem Heizungsgesetz macht er derweil Druck auf die FDP.
Die SPD will zum Jahresende ein Konzept zu Steuerpolitik und Verteilungsgerechtigkeit vorlegen. Den nötigen Ausbau der Infrastruktur und die klimaneutrale Transformation der Wirtschaft gebe es nicht zum Nulltarif, sagte SPD-Parteichef Lars Klingbeil dem „Spiegel“. „Um das zu bezahlen, müssen starke Schultern mehr tragen. Meine Partei wird im Dezember ein entsprechendes Konzept vorlegen.“
Klingbeil erneuerte die Forderung der SPD nach höheren Steuern für Reiche und Besserverdiener. Unter anderem beim Erben stelle sich eine Gerechtigkeitsfrage, sagte er. Deutschland stehe vor einem Umbruch, der die Frage der Verteilung neu aufwerfe. „Wir müssen sicherstellen, dass der Staat seine Aufgaben finanzieren kann“, betonte Klingbeil. „Wir stehen vor einer Phase von 10 bis 15 Jahren der Transformation“, sagte er. Es gehe darum, ob Deutschland ein starkes Land bleibe oder zuschaue, „wie die USA, China und andere Player uns industriepolitisch den Rang ablaufen“.
GEG? „Das muss die FDP jetzt beantworten“
In der derzeitigen Regierungskoalition dürften die Vorstellungen des SPD-Chefs allerdings kaum umsetzbar sein: Der Koalitionspartner FDP sperrt sich grundsätzlich gegen Steuererhöhungen. In einem anderen Streit diskutieren die Ampel-Koalitionäre unterdessen noch. Klingbeil hat die FDP in dem Interview aufgefordert, sich im Streit um das von der Bundesregierung vorgelegte Heizungsgesetz zu bewegen.
Es gebe „nicht die Möglichkeit, diese Wärmewende abzubrechen“, sagte Klingbeil dem „Spiegel“. Deutschland müsse bis 2045 klimaneutral werden, „damit die nächste Generation auf unserem Planeten noch gut leben kann“. Ungeachtet des Widerstands der FDP stellt Klingbeil weiter klar, das Gebäudeenergiegesetz (GEG) werde wie geplant „bis zur Sommerpause verabschiedet und zum 1. Januar in Kraft treten“. Auf die Frage, wie ein Kompromiss in der Ampel-Koalition aussehen könnte, sagte der SPD-Chef: „Das muss die FDP jetzt beantworten.“
Klingbeil warf allerdings auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor, bei dem Heizungsgesetz „nicht optimal“ kommuniziert zu haben. Es sei falsch gewesen, „in der Debatte mit dem Klimaschutz vorzupreschen und das Soziale quasi hinterherzuwerfen“. Die Koalition müsse „von Anfang an eine Antwort geben, wie alle dabei mitkommen und sich sicher fühlen“.
Der öffentliche Streit habe die Bevölkerung „derart verunsichert, wie ich es bei wenigen Gesetzentwürfen zuvor erlebt habe“, fügte der SPD-Chef hinzu. Die Koalitionspartner in der „Ampel“ müssten sich daher jetzt „zusammenreißen und schnell zu einem Ergebnis kommen“.
Die FDP hatte verhindert, dass die erste Lesung des Gesetzentwurfs zum Einbau klimafreundlicher Heizungen für diese Woche auf die Tagesordnung des Bundestages gesetzt wurde. Die Grünen warfen der FDP daraufhin „Wortbruch“ vor, weil das Vorhaben im Koalitionsvertrag vereinbart und danach zweimal im Koalitionsausschuss gemeinsam bekräftigt wurde.