Neueste Nachrichten und Updates

Motiv für Amoktat in Hamburg? Verwandter von Philipp F. weiß von religiösem Wahn

0 11

Was bringt einen Menschen dazu, Amok zu laufen? Die Frage stellt sich auch nach der Tat in Hamburg wieder. Im Fall von Philipp F. liefert ein Verwandter mögliche Erklärungsansätze.

Nach dem Amoklauf von Hamburg ermittelt die Polizei weiter zum Motiv des Täters Philipp F. Der 35-Jährige hatte am Donnerstagabend in den Gemeinderäumen der Zeugen Jehovas sieben Menschen erschossen, darunter ein ungeborenes Kind. Durch die Schüsse verletzte er acht weitere Menschen.

Ein Verwandter von F. sagte der „Augsburger Allgemeinen“: „Er ist komplett einem religiösen Wahn verfallen, hatte Visionen, fühlte sich verfolgt“, sagte der nahe Verwandte, der den Angaben zufolge regelmäßig Kontakt mit dem Attentäter hatte und den die Zeitung unter einem Pseudonym zitierte.

Der 35-jährige Täter stammte aus Memmingen in Bayern und wuchs in Kempten im Allgäu auf. Dem Verwandten zufolge gehörten Familienmitglieder zur Gemeinde der Zeugen Jehovas. Auch der Verwandte war früher selbst Mitglied in der Gruppe, habe sie aber inzwischen verlassen. Nach seinen Aussagen herrsche in vielen Gemeinden ein Klima psychischen Drucks. Ob und in welchem Ausmaß F. körperliche und seelische Gewalt erfahren habe, wisse er jedoch nicht. Er habe F. als „sehr sensibles Kind“ in Erinnerung. Der Umgang in der unmittelbaren Familie sei liebevoll gewesen. „Es war aber sicherlich kein einfaches Umfeld, in dem er aufwuchs“, zitiert die Zeitung den Mann.

„In kompletten Wahn verfallen“

Mit Anfang 20 sei F. aus beruflichen Gründen nach Hamburg gezogen, dort sei er Jahre später erneut mit Zeugen Jehovas in Kontakt gekommen. „Er hat dann aber schnell durchschaut, wie das System der Zeugen Jehovas funktioniert, dass er belogen worden war“, berichtete der Verwandte. „Einmal sagte er: ‚Wenn ich gewusst hätte, was hinter den Kulissen passiert, dann wäre ich nie beigetreten.'“ Nach eineinhalb Jahren sei er wieder ausgetreten – „und dann in kompletten Wahn verfallen“. Die Hamburger Gemeinde, in deren Königreichsaal sich der Amoklauf ereignete, hatte bestätigt, dass F. die Gruppe nach Differenzen auf eigenen Wunsch verlassen hatte.

Im vergangenen Sommer habe er Philipp F. zum letzten Mal persönlich getroffen, sagt der Verwandte. F. sei dabei „hochaggressiv“ aufgetreten, als „Maniac“ und „Pseudomanager“. „Das hatte nichts mehr mit dem Menschen zu tun, den ich kannte.“ Über das Umfeld des Täters in Hamburg wisse er wenig – er habe aber das Gefühl, „dass da einiges passiert ist, was nicht nur mit den Zeugen Jehovas zu tun hat“.

Nach eigener Auskunft versuchte er zuletzt im Januar, F. zu kontaktieren. Eine Textnachricht sei aber unbeantwortet geblieben. „Er wollte seinen eigenen Wahn und seine Erkrankung nicht wahrhaben“, schätzte der Verwandte F.s psychischen Zustand ein. Dass der 35-Jährige eine Waffenbesitzkarte gehabt habe, habe er nicht gewusst. Es habe auch keinerlei Anzeichen dafür gegeben, dass er gewalttätig werden könnte. Aus dem Januar stammt auch ein anonymes Schreiben an die Hamburger Behörden, dass F. eine psychische Krankheit entwickelt haben könnte. Diese sei aber nicht diagnostiziert, weil er nicht in eine ärztliche Behandlung einwillige. Die Rede ist zudem von einer besonderen Wut auf religiöse Anhänger der Zeugen Jehovas und auf den ehemaligen Arbeitgeber des Mannes. Verbunden wurde diese Einschätzung mit der Bitte, F.s Waffenbesitz zu überprüfen. Dies geschah auch, die Behörden konnten aber nichts Ungewöhnliches feststellen.

Auch der Verwandte berichtete, dass er gewusst habe, dass Philipp F. psychisch „sehr angeschlagen“ gewesen sei, vieles habe auf eine Psychose hingedeutet. Er selbst, aber auch seine Familie hätten ihn immer wieder darum gebeten, dass er sich Hilfe suchen solle. „Aber er wollte keine Hilfe.“ Als er dann die Nachrichten aus Hamburg gehört habe, habe er sofort die Befürchtung gehabt, „dass er es ist“.

(Dieser Artikel wurde am Sonntag, 12. März 2023 erstmals veröffentlicht.)

Lesen Sie hier den vollständigen Artikel.
Hinterlasse eine Antwort

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Cookies, um Ihr Erlebnis zu verbessern. Wir gehen davon aus, dass Sie damit einverstanden sind, aber Sie können sich abmelden, wenn Sie dies wünschen. Annehmen Weiterlesen

Datenschutz- und Cookie-Richtlinie