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Langlebiger Zyklon über Afrika: Darum ist Rekord-Sturm „Freddy“ so besonders

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Rund sechs Wochen hält Tropensturm „Freddy“ vor allem afrikanische Länder in Atem. Auf seiner Reise stellt er zahlreiche Rekorde auf. Einige fasst ntv-Wetterexperte Björn Alexander zusammen. Und erklärt, wie es dazu kommen konnte.

ntv: „Freddy“ wird als Rekordsturm gehandelt – warum?

Björn Alexander: Unter anderem, weil er einer der langlebigsten Stürme seit Beginn der Wetteraufzeichnungen war. Ausgehend von einer tropischen Störung wurde aus einem Gewitterkomplex ab dem 3. Februar der eigentliche Sturm, der schlussendlich am 6. Februar entstanden ist. Danach begann eine Reise über den gesamten Indischen Ozean und eine todbringende Odyssee im Südosten Afrikas, die erst am 14. März endete. Gleichzeitig ist er der energiereichste Tropensturm aller Zeiten. In Summe hat „Freddy“ mehr Energie freigesetzt als eine durchschnittliche atlantische Hurrikan-Saison.

Wie viele Kilometer hat der Sturm zurückgelegt?

In Summe sind es um die 13.000 Kilometer – das entspricht der Größenordnung von Rekordstürmen über anderen Weltmeeren wie „John“ über dem Ostpazifik im Jahr 1994 mit knapp 13.200 Kilometern oder „Faith“ über dem Atlantik mit 12.700 Kilometern im Jahr 1966. Damit ist „Freddy“ einer von fünf Stürmen, der es auf eine Zugbahn von über 10.000 Kilometer gebracht hat. Hierbei intensivierte sich „Freddy“ wiederholt besonders stark. Sechsmal mit einer Verstärkung von mindestens 55 km/h binnen 24 Stunden – der sogenannte Rapid-Intensification-Prozess. Wobei die Langlebigkeit und die Wegstrecke im Hinblick auf Rekorde in der Bewertung noch diskutiert werden.

Warum wird die Langlebigkeit diskutiert?

Obgleich „Freddy“ in seinen stärksten Phasen Windgeschwindigkeiten von 200 bis um die 260 km/h erreicht hat, so gab es auch Abschnitte, in denen er sich stark abgeschwächt hat. Das gilt insbesondere für die Zeit nach der Überquerung Madagaskars ab dem 22. Februar. Danach konnte er um den 8. März herum zwar auch nochmal mittlere Winde um Tempo 185 erreichen. Meist blieb er allerdings unterhalb der Tropensturm-Grenze, die bei 119 km/h liegt. Extrem gefährlich und lebensbedrohlich waren die Auswirkungen dennoch. Und das lag an den Wassermassen beziehungsweise den enormen Regenmengen.

Welche Regenmengen sind gefallen?

Das ist aufgrund der geringen Messnetzdichte in den betroffenen Regionen schwer zu sagen. Doch es gibt Anhaltspunkte. Zwischenzeitlich gab es Meldungen von über 400 Litern je Quadratmeter binnen weniger Stunden. Gleichzeitig wissen wir von anderen, zum Teil vergleichbaren Stürmen wie Hurrikan „Harvey“ aus dem Jahr 2017, dass diese durchaus über 1200 Liter pro Quadratmeter gebracht haben. Und auch die Prognosen für die Landgänge von „Freddy“ hatten teilweise deutlich über 1000 Liter im Rennen. Unterm Strich ist somit davon auszugehen, dass es in Spitzen sehr wahrscheinlich um die 1000 bis 1500 Liter je Quadratmeter waren.

Was bedeutet das in Relation?

Das entspricht etwa dem doppelten Jahresniederschlag von Berlin oder sogar etwas darüber. Mit den entsprechenden, teilweise katastrophalen Folgen.

Wie konnte der „Monstersturm“ überhaupt so lange überleben und eine derartige Strecke zurücklegen?

Nach seiner Geburt in den Seeregionen zwischen Indonesien und Australien führte ihn die wettersteuernde Strömung relativ rasch gen Westen auf den offenen Indik. Hier zog „Freddy“ unter deutlicher Verstärkung und am Rande einer starken Hochdruckzelle, die Richtung Süden angrenzte, stramm auf Madagaskar zu. Dabei erreichten die heftigsten Winde des Sturms ihren Höhepunkt bei der Überquerung des Indischen Ozeans über offenem Wasser. Und zwar einmal um den 15./16. Februar und dann am 19. Februar mit mittleren Winden von über 200 km/h. Das entspricht Kategorie 4 bis 5 der Hurrikan-Skala, also der zweihöchsten bis höchsten Stufe.

Welche Windgeschwindigkeiten hatte „Freddy“ beim Kontakt mit Madagaskar?

Bei seinem Landfall waren es immer noch um die 180 km/h, bevor er sich über der Landfläche zunächst einmal zu einem Tropensturm abschwächte. Anschließend schöpfte er über der offenen Wasserfläche zwischen Madagaskar und Afrika erneut an Kraft und begann seine Irrfahrt, die auf relativ engem Raum vom 22. Februar bis zu 14. März andauern sollte.

Lässt sich diese Odyssee beschreiben?

Nachdem der Sturm am 24. Februar auf die Küste Mosambiks traf, machte er über Land eine gut eine Woche andauernde Kehrtwende und driftete am 1. März erneut über das offene und energieliefernde Wasser, sodass er sich abermals verstärken konnte.

Wie stark wurde er?

Nach der nächsten 180-Grad-Wende vor der Westküste Madagaskars brachte es „Freddy“ auf mittlere Winde von 185 km/h. Das entspricht Windspitzen von deutlich über Tempo 200 – vergleichbar mit einem Major-Hurrikan der Kategorie 3. Damit bewegte er sich wieder in westliche bis nordwestliche Richtung, sodass er am 11. März ein weiteres Mal auf die Küste Mosambiks traf. Diesmal weiter nördlich mit Zugrichtung nach Malawi, wo der Sturm innerhalb der nachfolgenden Zeit immer schwächer wurde. Was aber natürlich blieb, waren die extremen Wassermassen mit entsprechend schlimmen Folgen.

Warum konnte der Sturm überhaupt so lange vor und über Afrika wüten?

Vor allem, weil die Dynamik in der Strömung fehlte. Ohne entsprechende Höhenströmung kommen solche Komplexe kaum von der Stelle oder werden sogar rückläufig. Angetrieben wird ein solches Eigenleben maßgeblich durch die tropisch warmen Gewässer, die Kraft und Energie geben.

Zyklon, Hurrikan, Taifun, Tropensturm – was ist der Unterschied?

Tropensturm ist der Oberbegriff, der Stürme mit tropischen Eigenschaften und einer mittleren Windgeschwindigkeit von mindestens 119 km/h kennzeichnet und die vielfach auch als Zyklone bezeichnet werden. Hurrikan, Taifun oder zum Beispiel Willy-Willy sind jeweils die Bezeichnungen, die die unterschiedlichen Regionen kennzeichnen.

Das heißt konkret?

Hurrikane nennt man tropische Stürme über dem Atlantik und dem Nordpazifik. Taifune kennzeichnen den asiatischen Raum, Willy-Willy deutet auf Australien hin. Bei uns in Europa nennen wir extrem starke Stürme Orkane. Nicht zu verwechseln sind die langlebigen und großräumigen Komplexe natürlich nicht mit Tornados. Deren Lebensdauer und Umfang ist begrenzt, und sie sind in der Regel an Gewitterkomplexe geknüpft.

Lesen Sie hier den vollständigen Artikel.
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