Zwei kremlkritische Milizen bekennen sich zu den Angriffen auf das an die Ukraine grenzende russische Belgorod. Dabei kommt eine Zivilistin ums Leben. Moskau kündigt für künftige Attacken „äußerste Härte“ an, in der Nacht fliegen weitere Drohnen auf die Region.
Die an die Ukraine grenzende russische Region Belgorod ist in der Nacht nach Angaben der Behörden erneut von Angriffen getroffen worden. Es habe „zahlreiche“ Drohnenangriffe gegeben, erklärte Regionalgouverneur Wjatscheslaw Gladkow auf Telegram. Die Luftabwehr habe „einen Großteil“ abgewehrt, dennoch hätten die Angriffe Schäden an Fahrzeugen, Häusern und öffentlicher Infrastruktur verursacht. Menschen seien nicht zu Schaden gekommen. Gouverneur Gladkow zufolge wurden durch die Angriffe in der Nacht zu diesem Mittwoch mehrere Wohnhäuser, Bürokomplexe und Fahrzeuge beschädigt, der genaue Umfang der Schäden werde noch ermittelt. Zudem sei eine Gas-Pipeline im Bezirk Graiworon beschädigt und ein Feuer ausgelöst worden.
Derweil kündigte Russland ein entschlossenes Vorgehen für den Fall an, dass erneut Kämpfer aus der Ukraine in sein Hoheitsgebiet eindringen. „Wir werden auch weiterhin auf solche Aktionen ukrainischer Kämpfer umgehend und mit äußerster Härte reagieren“, sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu in einer von seinem Ministerium veröffentlichten Erklärung. Das Militär hatte am Dienstag nach eigenen Angaben Kämpfer zurückgeschlagen, die eine russische Grenzregion mit gepanzerten Fahrzeugen angegriffen hätten. Dabei seien mehr als 70 „ukrainische Nationalisten“ getötet und die übrigen in die Ukraine zurückgedrängt worden. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.
Bei dem Angriff wurde nach offiziellen russischen Angaben ein Zivilist getötet, eine Frau sei während der Evakuierung ihrer Wohnung an Herzversagen gestorben. Die Hintergründe sind weiterhin unklar. Zu dem Angriff hatten sich zwei russische, gegen Präsident Wladimir Putin gerichtete Gruppen bekannt – die Miliz „Freiheit für Russland“ und das „Russische Freiwilligenkorps“. Die Ukraine bestreitet, in den Vorfall verwickelt zu sein.
Schoigu kündigt finanzielle Unterstützung an
Die Region Belgorod war seit Montag Schauplatz von Gefechten zwischen aus der Ukraine eingedrungenen Kämpfern und der russischen Armee. Seit Beginn der russischen Offensive in der Ukraine war die Grenzregion schon wiederholt beschossen und Dutzende Menschen getötet worden. Bei dem nun erfolgten Angriff handelte es sich aber um den schwerwiegendsten Vorfall dieser Art auf russischem Staatsgebiet seit Beginn der Ukraine-Offensive im Februar 2022.
Moskau beschuldigt Kiew, den Überfall geplant zu haben, um von der angeblichen Niederlage im ostukrainischen Bachmut abzulenken. Die Ukraine weist jede Verantwortung zurück, Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar hatte am Dienstag von einer „innerrussischen Krise“ gesprochen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte indes erneut, Moskau sei durch das Geschehen in Belgorod nicht beunruhigt. Soldaten, Grenzschützer und „zuständige Dienste“ machten ihre Arbeit, erklärte Peskow vor Journalisten.
Verteidigungsminister Schoigu kündigte weiter zusätzliche finanzielle Unterstützung für in der Ukraine verwundete Soldaten sowie für die Hinterbliebenen Getöteter an. Diese soll umgerechnet zwischen 35.000 und 58.000 Euro entsprechen.
Die Gefechte auf eigenem Staatsgebiet werden als Rückschlag für Russland gewertet, dessen Armee derzeit in der Ukraine kaum mehr voranzukommen scheint – während die Ukraine sich Angaben aus Kiew zufolge auf eine Offensive zur Rückeroberung russisch besetzter Gebiete vorbereitet.