Seit Monaten kommt es wieder zu Gewalteskalationen zwischen Israelis und Palästinensern. Jetzt hat Israels rechtsextremer Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir den Tempelberg in Jerusalem besucht. Das Gelände wird von Juden und Muslimen gleichermaßen heilig verehrt.
Inmitten der seit Monaten äußerst angespannten Lage zwischen Israelis und Palästinensern hat Israels Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir den Tempelberg in Jerusalem besucht. „Während des Besuchs gab es keinen Zwischenfall“, erklärte die Polizei am Sonntag. Der Schritt gilt angesichts der seit Monaten eskalierenden Gewalt im Nahost-Konflikt als höchst umstritten.
„Die Drohungen der Hamas werden uns nicht abschrecken, ich war auf dem Tempelberg“, schrieb Ben Gvir im Onlinedienst Telegram. Dazu postete ein Foto von sich auf dem von Juden und Muslimen gleichermaßen als heilig verehrten Gelände mit den Worten: „Jerusalem ist unsere Seele.“
Das jordanische Außenministerium und die Palästinenserbehörde verurteilten den Besuch des rechtsextremen Ministers als gefährliche Provokation. Ben-Gvir sagte bei der Visite: „Alle Drohungen der (im Gazastreifen herrschenden islamistischen) Hamas werden nichts helfen, wir sind der Hausherr in Jerusalem und im ganzen Land Israel.“ Damit bezieht er sich auch auf das besetzte Westjordanland und den arabisch geprägten Ostteil Jerusalems.
Erst drei Tage zuvor hatte Ben Gvir an einem umstrittenen Marsch von Ultranationalisten durch die Altstadt von Jerusalem am sogenannten Jerusalem-Tag teilgenommen. Viele Palästinenser sehen den Marsch, der an die Einnahme Ost-Jerusalems durch die Israelische Armee im Sechs-Tage-Krieg 1967 erinnern soll, als Provokation.
Bereits mit einem früheren Besuch auf dem Tempelberg hatte Ben Gvir die Angst vor einer erneuten Gewalteskalation zwischen Israelis und Palästinensern geschürt. Der Besuch Anfang des Jahres hatte international massive Kritik ausgelöst, unter anderem auch von der Bundesregierung und den USA.
Das Judentum verehrt den Tempelberg als seinen heiligsten Ort. Für Muslime ist der Hügel mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee die drittheiligste Stätte nach Mekka und Medina.
Der Tempelberg steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Juden dürfen die Anlage besuchen, dort aber nicht beten. Ben-Gvir setzt sich dafür ein, dass Juden mehr Zugang zu der Anlage erhalten. Die Palästinenser befürchten, Israel wolle seine Kontrolle der heiligen Stätte ausweiten.
Ein Sprecher des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas nannte Ben-Gvirs Besuch nach Angaben der Nachrichtenagentur Wafa einen „offenen Angriff der heiligen Stätte, der schwerwiegende Konsequenzen haben wird“. „Der Al-Aksa-Moschee zu schaden, bedeutet, mit Feuer zu spielen, und dies wird die Region in einen religiösen Krieg mit unvorstellbaren Folgen drängen.“
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