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Heizungsgesetz im Bundestag: Die einen rufen „Murks“, die anderen „Populismus“

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Die FDP hat das parlamentarische Verfahren zum Heizungsgesetz verzögert. Die Union bringt das Thema dennoch in den Bundestag. Die Anwürfe zwischen Regierung und Opposition sind so heftig, wie die Gräben zwischen FDP und Grünen tief sind.

Wenn drei sich streiten, freut sich die Union: So muss wohl das abgewandelte Sprichwort zur laufenden Legislaturperiode lauten. Wie schon bei anderen Konfliktthemen sind es einmal mehr CDU und CSU, die auf die große Bühne des Bundestages zerren, was SPD, Grüne und FDP im Stillen nicht zu vereinbaren in der Lage sind. An diesem Mittwoch ist es mal wieder das Heizungsgesetz. Das sollte nach Wunsch von SPD und Grünen am morgigen Donnerstag erstmals im Bundestag gelesen werden. Doch die Liberalen haben den Start des parlamentarischen Verfahren am Dienstag gestoppt, weshalb die Stimmung in der Ampel auf einem neuen Tiefpunkt angelangt ist. Mehr denn je müssen sich die Koalitionäre Fragen nach einem nahenden Bruch des einst so hoffnungsvoll gestarteten Regierungsbündnisses anhören.

Weil die erste Lesung des Kabinettsentwurfs zur Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) auf unbestimmt verschoben ist, bringt die Union das Thema von sich aus auf die Agenda. Im Rahmen einer von der größten Oppositionspartei geforderten Aktuellen Stunde legt als erster Redner Jens Spahn den Finger in die offene Wunde: „Sie maximieren Frust und Wut durch die Art und Weise, wie Sie miteinander umgehen“, ruft der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion den Regierungsparteien entgegen. „Um die existenziellen Ängste der Leute im echten, im realen Leben kümmert sich keiner.“ Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck darf in der Aktuellen Stunde nur still auf der Regierungsbank lauschen.

Linke: „Vermurkster“ Gesetzentwurf

Die Ampel sei „auf dem Weg zur Regierungsunfähigkeit“ attestiert Spahn, nachdem er eingangs seiner Redezeit die derbsten Sprüche zitiert hat, mit denen sich Grüne und Liberale in den vergangenen Tagen belegt haben. Spahn prangert an, dass die FDP einem Gesetz, das sie für falsch halte, im Kabinett zugestimmt habe, und dass Bundeskanzler Olaf Scholz „höchstens politische Durchhaltephrasen“ beisteuere, anstatt die kriselnde Regierung zu führen. Er fordert: „Ziehen Sie den Gesetzentwurf zurück.“

Scharfe Kritik kommt auch von AfD und Linke. „Die Wärmewende ist nicht machbar, wir haben nicht genügend Wärmepumpen, wir haben nicht genügend Handwerker, wir haben nicht genügend Strom und die Menschen haben erst recht nicht genügend Geld, um den Wahnsinn zu bezahlen“, sagt Marc Bernhard von der Rechtsaußenpartei.

Linke-Fraktionschefin Amira Mohammed Ali fordert ebenfalls, den „vermurksten Gesetzentwurf“ zurückzuziehen. 80 Prozent der Bevölkerung lehnten das Vorhaben in dieser Form ab. „Diese Menschen sind doch nicht alle rückwärtsgewandt oder Klimaleugner. Die sind auch nicht alle einer Kampagne zum Opfer gefallen“, sagt Mohammed Ali. Sie fordert ein sozial verträglichen Neuanlauf, der die Kommunen nicht überlastet und die Mieter vor Modernisierungskosten schützt.

SPD verteidigt Gesetz mit neuer Entschlossenheit

Die SPD verteidigt dagegen das Heizungsgesetz nach der öffentlichen Zurückhaltung in den vergangenen Wochen seit Tagen mit wachsender Verve. Fraktionsvize Matthias Miersch wirft der Union vor, sie betreibe „eine üble populistische Kampagne, wo Sie den Menschen etwas vormachen und übel mit den Ängsten der Menschen spielen“. Die Union liefere selbst keine Vorschläge zur Wärmewende, sagt der Sozialdemokrat. Öl und Gas über den CO2-Preis zu verteuern, ohne den Menschen zuvor einen Wechsel auf Erneuerbare Technologien zu ermöglichen, führe zu einem „Preisschock“.

Ähnlich argumentiert die SPD-Abgeordnete Verena Hubertz: „Nichtstun ist soziale Kälte, weil dann kommt der CO2-Preis und dann werden es sich die Menschen nicht mehr leisten können“, mit Öl und Gas zu heizen, sagt Hubertz. Die energiepolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Nina Scheer, nennt den Unionskurs „ein Programm des Frierens in Deutschland“. Die drei SPD-Rederinnen zeigen sich durchweg optimistisch, dass am Ende ein gutes Heizungsgesetz stehen werde. Miersch bittet die Union, „dass Sie nicht dem Populismus nachgeben“. Das stärke nur die AfD.

FDP stellt Forderungen an Ampel

Gerne würde die SPD den Streit zwischen den Ampelparteien etwas herunterkochen. Doch Grünen-Politiker Andreas Audretsch nutzt die von der Union bereitete Parlamentsbühne, um sich an die Liberalen zu wenden: Die FDP habe den Kabinettsentwurf mit verabschiedet, Parteichef Christian Lindner habe bei der Verabschiedung explizit auf Änderungen im parlamentarischen Verfahren gedrungen. „Lassen sie uns an der Stelle diese Blockade auflösen“, appelliert Audretsch an die FDP. „Lassen Sie uns über Fristen reden, lassen Sie uns über Ausnahmen reden, lassen Sie uns darüber reden, wie man Technologie-Offenheit, die ja Grundlage dieses Gesetzes ist, noch besser herausarbeitet.“

FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler will von Blockade nichts wissen. Das Parlament werde den Gesetzentwurf verbessern, sagte Köhler, und umreißt Forderungen seiner Partei – nachdem die FDP damit zu Wochenbeginn im Vagen geblieben war. Es gehe um Technologieoffenheit, um ein Förderkonzept, um die Kopplung an die kommunale Wärmeplanung. Und dann gebe es da noch „eine Menge ordnungsrechtlicher Details in dem Gesetz und meiner Meinung nach können die alle raus.“ Das klingt eher nach Konfrontation als nach baldiger Einigung.

Und auch die Kosten für die Förderungen dürften Streitthema werden: „Es muss klar sein, dass der Staat nicht alle Kosten übernehmen kann“, sagt FDP-Politiker Christoph Meyer. Bislang ist vorgesehen, dass die Zuschüsse für den Heizungstausch aus dem Klimatransformationsfonds kommen sollen, einem Sondervermögen der Bundesregierung. Es dürfe nicht passieren, dass der Fonds nach einem halben Jahr leer ist, warnt Meyer. Sprich: Die FDP will keinesfalls zusätzliches Steuergeld für Förderungen bereitstellen. Das aber begrenzt die Höhe möglicher Förderungen. Wie eine sozial gerechte Förderlandschaft aussehen und finanziert werden kann, dürfte noch zum zentralen Konflikt zwischen den Regierungsfraktionen werden. Dennoch gibt sich Meyer optimistisch: „Ich freue mich auf die parlamentarische Beratungen, die sicherlich bald beginnen werden.“

Nächste Gelegenheit wäre die Sitzungswoche ab 12. Juni. Dann könnte das Heizungsgesetz zumindest vom Bundestag noch vor oder in einer Sondersitzung während der Sommerpause verabschiedet werden. Nach SPD-Rechnung könnte dann eine Verabschiedung durch den Bundesrat Mitte September gelingen und die Menschen rechtzeitig vor 2024 Sicherheit erhalten, ob der Neueinbau von Gas- und Ölheizungen dann tatsächlich verboten ist. Doch je enger der Zeitplan getaktet ist, desto wackeliger ist sein Fundament.

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