Die Grünen wollen laut einem Bericht das vorzeitige Braunkohle-Aus in Ostdeutschland forcieren. Dagegen will der sächsische CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer am ursprünglichen Ausstiegsdatum 2038 festhalten. Der CDU-Politiker mahnt vom Bund Verlässlichkeit an.
Die Grünen wollen einem Bericht zufolge den Kohleausstieg in ganz Deutschland auf das Jahr 2030 vorziehen. Das sei ein „notwendiger Schritt, um die Klimaziele zu erreichen“, zitierte die „Süddeutsche Zeitung“ (Samstagausgabe) aus einer Beschlussvorlage für die Fraktionsklausur der Grünen-Bundestagsfraktion kommende Woche in Weimar. Demnach sollen auch in Ostdeutschland die Braunkohlereviere acht Jahre früher als zunächst geplant stillgelegt werden.
Deutschland befinde sich nach wie vor nicht auf dem Weg zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels, begründen die Grünen den Vorstoß. „Kohle, Öl und fossiles Gas haben in einem klimaneutralen Land keinen Platz“, heißt es laut „SZ“ in dem Papier. Vor allem Braunkohle sei „extrem klimaschädlich“, warnt der Beschluss, der das Vorhaben weit oben auf die Agenda der Bundesregierung hieven soll.
Die Kohlekommission hatte ursprünglich das Jahr 2038 als Ausstiegsjahr vereinbart. In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP jedoch darauf verständigt, zur Einhaltung der Klimaschutzziele einen beschleunigten Ausstieg aus der Kohleverstromung anzustreben. „Idealerweise“ gelinge das schon bis 2030.
Für Nordrhein-Westfalen sieht eine Vereinbarung von Bund und Land mit dem Energiekonzern RWE inzwischen das Aus für die Kohleverstromung bis 2030 vor.
Die Grünen-Fraktion fordert ein ähnliches Vorgehen auch im Osten. „Wir wollen Sicherheit und Perspektiven für die Menschen in den ostdeutschen Kohleregionen“, sagte Fraktionschefin Katharina Dröge der „SZ“. Es brauche eine „vorausschauende Politik, die den Strukturwandel gestaltet“. Ministerpräsident Robert Habeck (Grüne) hatte sich bereits im Januar für einen früheren Kohleausstieg auch im Osten ausgesprochen, zugleich aber darauf verwiesen, dass dieser „im Konsens vereinbart werden“ müsse.
Kretschmer fordert Verlässlichkeit
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) mahnte dagegen vom Bund Verlässlichkeit beim Kohleausstieg an. Es gelte am ursprünglichen Ausstiegsdatum 2038 festzuhalten, machte er am Freitag bei einem Treffen mit jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Energieunternehmens Leag und mit Gewerkschaftern im Kraftwerk Boxberg deutlich. Die Beschäftigten hätten das Recht, genau das einzufordern. Er stehe an ihrer Seite.
„Wir haben 2038 gesagt, wir wollen jetzt keine Renaissance der Braunkohle (…). Wir wollen einfach nur das, was gilt und uns jetzt darum kümmern, dass neue Dinge dazukommen“, sagte Kretschmer und verwies auf die Erzeugung erneuerbarer Energie auf den bisherigen Abbauflächen. „Wir brauchen die Erneuerbaren Energien, weil sie ein Standortvorteil für die Industrie sind.“ Es gelte aber auch die Option für ein modernes Gaskraftwerk in Boxberg zu behalten.
Kretschmer erinnerte an das Zustandekommen des Kohlekompromisses. Es habe damals ein Übereinkommen unter Beteiligung der Gewerkschaften, Arbeitgeber, Kirchen, Sozialverbände, Kommunen und Umweltverbände gegeben. Dabei sei mit großer Ernsthaftigkeit ein Kompromiss ausgearbeitet worden. Ökologie, Ökonomie und die soziale Frage sollten zusammengebracht werden. „Ich finde auch, dass man diesen Ansatz nicht beiseiteschieben kann.“
Kretschmer zufolge dürfen hohe Energiepreise und Zweifel an der Versorgungssicherheit nicht dazu führen, dass die „Goldgräberstimmung“ in Sachsen abreißt. „Energie ist die Achillesferse einer jeden Volkswirtschaft.“ Wenn man das nicht gewährleiste, könne man Unternehmen in diesem Land nicht mehr halten. Noch sei man auf die Braunkohle angewiesen. Es gelte für neue Jobs zu sorgen. Aber dafür müssten auch die Standortbedingungen so sein, dass man wettbewerbsfähig ist mit anderen Regionen in der Welt.