Die FDP blockiert das geplante Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Habeck. Es ist die vielleicht größte Krise der Koalition. Gibt es daraus überhaupt einen Ausweg?
Warum lässt die FDP gerade den Kanzler auflaufen? Um diese Frage zu beantworten, muss man Frank Schäffler anrufen. Schäffler gilt als einer der liberalen Querulanten. Als jemand, der auch mal gegen die eigene Partei argumentiert, wenn er findet, dass die Kollegen falsch liegen. Doch in diesem Fall ist es anders. Jetzt ist er der vehementeste Vertreter der FDP im Koalitionskrach, ihr politisches Megafon.
Also, warum der Affront gegen den Kanzler und die Grünen? Warum jetzt die Blockade des umstrittenen Heizungsgesetzes, das doch von allen drei Koalitionspartnern schon geplant war?
Schäffler holt tief Luft und sagt dann am Telefon: „Ich mache mir die Formulierung des Kanzlers nicht zu eigen. Die FDP-Minister haben ihre Bedenken geäußert. Wenn Herr Habeck das Gesetz trotzdem durchs Kabinett jagt, dann ist das aus meiner Sicht ein normaler Vorgang, dass wir darüber noch mal reden wollen.“
Robert Habeck hat das umstrittene Heizungsgesetz – Gebäudeenergiegesetz, wie es offiziell heißt – vorgelegt. Der Kern: Ab 2024 sollen nur noch Heizungen neu eingebaut werden, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Der Kanzler unterstützt den Plan. Doch in der Frage, wie es konkret ablaufen und finanziert werden soll, herrscht Uneinigkeit mit den Liberalen.
Der Ton wird schärfer
Weil es bereits eine Einigung in der Bundesregierung gab, sollte das Heizungsgesetz in dieser Woche eigentlich im Bundestag diskutiert werden. Das meint Schäffler jetzt damit, wenn er sagt, Habeck habe „das Gesetz durchs Kabinett gejagt“. In einer Protokollerklärung des Finanzministeriums steht dazu: „Das Bundesministerium der Finanzen stimmt dem Gesetzentwurf im Bewusstsein zu, dass die Fraktionen des Deutschen Bundestages (…) diesen Gesetzentwurf intensiv beraten und weitere notwendige Änderungen vornehmen werden.“
Nun will die FDP jedoch nicht nur mit den einzelnen Abgeordneten ein weiteres Mal sprechen. Sondern auch auf der Ebene der Chefs der Fraktionen nochmals beraten. Man habe dem Entwurf „inhaltlich nicht zugestimmt“, sagte kürzlich Christian Dürr, Fraktionschef der Liberalen. Habeck sagt dazu am Dienstagnachmittag: „Ich nehme zur Kenntnis, dass die FDP sich nicht an das gegebene Wort hält.“
Der Ton zwischen den Koalitionspartner verschärft sich, es steht Wort gegen Wort.
Und genau darum geht es bei diesem Streit, wie so oft in der Politik: um Worte. Um die Frage, was „zustimmen“ und „intensiv beraten“ eigentlich heißt, wer wann genau was gemeint hat. An der Deutung dieser Worte hängt jetzt das Gesetz – und damit die Zukunft der deutschen Heizungen.
Klar ist aber: Es ist vor allem die FDP, die das Gesetz aktuell ausbremst – und das mit aller Macht. Wie kann es weitergehen?
Gibt es wirklich 101 Fragen der FDP?
Wirtschaftsminister Habeck und Kanzler Scholz wollen das Gesetz möglichst schnell vorantreiben, es soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Bereits seit Längerem kritisiert die FDP jedoch, dass der Entwurf so nicht umgesetzt werden solle. Dann trat in der vergangenen Woche auch noch der Erfinder des Gesetzes, Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen, zurück. Nun heißt es bei der FDP erst recht: bitte langsam. Es gehe um enorm viel Geld und eine große Unsicherheit in der Bevölkerung.
Die Grünen dagegen argumentieren, das Gesetz sei einer der zentralen Schlüssel in der Wärmewende, damit Deutschland die Ziele im Klimaschutz erreichen könne. Es müsse möglichst zügig verabschiedet werden. Habeck und auch mancher in der SPD könnten sich vorstellen, dass die Umbaumaßnahmen bei den Heizungen noch stärker staatlich bezuschusst werden – bei der FDP will Finanzminister Lindner jedoch sparen und die Schuldenbremse im Haushalt einhalten. An diesem Mittwoch soll es, so hat es die Union beantragt, eine Aktuelle Stunde im Bundestag dazu geben.
Für die FDP geht es vor allem darum, dass offene Fragen geklärt werden. Via „Bild“-Zeitung hatte die Partei öffentlichkeitswirksam erklärt, man habe 101 Fragen an Robert Habeck. Das klang nach einem großen Bogen, der da von den Liberalen geschlagen wird. Nun erklärt eine FDP-Sprecherin jedoch gegenüber dem „Zeit“-Journalisten Robert Pausch: Man habe schon „einige Fragen“ gestellt und werde nun im weiteren Verlauf eben „weitere fachliche Fragen“ stellen. An diesen Fragen jedoch hänge vor allem, wann man dem Gesetz zustimme, so heißt es intern bei den Liberalen. Mit dem großen Fragenkatalog, der in der „Bild“-Zeitung angekündigt wurde, ist es jedoch wohl nichts geworden.