Mitte Dezember hatte die Bundesregierung finanzielle Stützen für Haushalte angekündigt, die mit Brennstoffen wie Heizöl oder Pellets heizen. Bis heute können Verbraucher aber noch nicht einmal den dafür nötigen Antrag stellen.
Mitte Dezember hatte die Bundesregierung angekündigt: Wer 2022 von einer Kostenexplosion beim Heizen mit festen Brennstoffen – also Heizöl, Holzpellets, Flüssiggas oder Kohle – getroffen wurde, solle per Finanzspritze aus Bundesmitteln entlastet werden. Demnach solle den Betroffenen ein einmaliger Zuschuss von bis zu 2000 Euro gezahlt werden. Bis heute allerdings können sie in fast allen Bundesländern noch nicht einmal die dafür nötigen Anträge stellen. Das ergab eine Abfrage von WELT AM SONNTAG bei den zuständigen Ministerien der Länder.
15 der Länder teilten übereinstimmend mit, eine Antragstellung sei noch nicht möglich. Somit warten mehr als zehn Millionen Haushalte, die solche Heizungen nutzen, auf die finanzielle Unterstützung des Bundes – drei Monate nach der Ankündigung.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband, der sich im vergangenen Jahr für eine Entlastung aller Haushalte wegen der hohen Energiepreise eingesetzt hatte, forderte zu einer raschen Umsetzung auf. „Bund und Länder sind jetzt aufgerufen, endlich das Antragsverfahren und entsprechende Anlaufstellen auf den Weg zu bringen. Die betroffenen VerbraucherInnen müssen kurzfristig finanziell entlastet werden“, sagte deren Vorsitzende Ramona Pop.
Notwendige Voraussetzungen fehlen
Die zuständigen Länderministerien erklärten auf Anfrage, der Prozess stocke derzeit beim Bund, genauer gesagt beim zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz von Robert Habeck (Grüne): Dieses habe eine für die Auszahlung der vorgesehenen 1,8 Milliarden Euro notwendige Verwaltungsvereinbarung noch immer nicht umgesetzt. Sie soll die für die Auszahlung nötigen Eckpunkte regeln – zum Beispiel, welcher Referenzpreis für die Preissteigerungen gelten solle.
Schleswig-Holsteins Verbraucherschutzminister Werner Schwarz etwa sagte WELT AM SONNTAG: „Es sind noch grundlegende Fragen offen, die endlich zu einem Abschluss gebracht werden müssen. Ich erwarte, dass der Bund hier schnellstmöglich praktikable Lösungen präsentiert, sodass die Länder umgehend in die Lage versetzt werden, die angekündigten Hilfen auszuzahlen.“
Das Bundeswirtschaftsministerium teilte auf Anfrage mit, man arbeite derzeit „unter Hochdruck mit den Ländern“ an der Verwaltungsvereinbarung. Die Gespräche befänden sich „in den letzten Zügen“.
Einzig in Berlin ist es derzeit bereits möglich, die Anträge zu stellen. Das Bundesland hatte Ende Januar, kurz vor der dortigen Wahl, eigene Haushaltsmittel für die Entlastung Betroffener in Höhe von 75 Millionen Euro bereitgestellt. Bislang hätten 12.000 Haushalte Anträge mit einem Volumen von nicht einmal 14 Millionen Euro gestellt, teilten die zuständige Investitionsbank Berlin und die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe auf Anfrage mit. Die Anträge würden derzeit geprüft, ausgezahlt wurde auch in Berlin noch nichts.
Wenige Härtefälle
Die bisherigen Antragszahlen in der Hauptstadt zeigen, es ist genug Geld da, niemand muss sich Sorgen machen, dass er zu spät kommt. Sie zeigen aber auch, dass es offenbar sehr viel weniger Härtefälle gibt, als dies von der Politik im Winter angenommen wurde. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) wähnte damals „Millionen Menschen“ in einer „Gerechtigkeitslücke“, weil sie anders als Gaskunden keine Hilfe bekämen. Auch Markus Söder (CSU) forderte vehement eine „Heizkostenbremse für alle“.
Die wenigsten der gut zehn Millionen betroffenen Haushalte dürften tatsächlich Nutznießer des Zuschusses werden. Denn die bereits im Dezember skizzierte bundesweite Regelung sieht vor, dass sich die Heizkosten gegenüber dem Vorjahr verdoppelt haben müssen, um einen Antrag bewilligt zu bekommen. Damit orientierte sich die Politik an den Regeln zur Gaspreisbremse. Dort ist der Preis bei zwölf Cent je Kilowattstunde gedeckelt. Das ist grob das Doppelte des Wertes aus dem Jahr 2021.
Damit überhaupt eine gewisse Zahl von Verbrauchern, die mit sogenannten „nicht leitungsgebundenen Brennstoffen“ heizen, in den Genuss staatlicher Hilfen kommt, senkte Berlin die Preisschwelle bereits. Dort reicht ein Aufschlag von 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Halten die anderen Bundesländer an den 100 Prozent fest, wird es für Heizölkunden schwer, auch nur einen Cent erstattet zu bekommen. Das zeigt ein Blick auf die offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes.
Demnach lag der Referenzpreis inklusive Mehrwertsteuer 2021 bei 71 Cent je Liter. Das heißt: Ein Kunde muss 2022 mindestens 1,42 Euro je Liter bezahlt haben, um Anspruch zu haben. Das kam im Vorjahr nicht oft vor. Der Durchschnittspreis in Deutschland lag lediglich in den Monaten März, Juni, Juli und Oktober über den 1,42 Euro inklusive Mehrwertsteuer.
Wer also nicht ausgerechnet zu der Zeit tankte oder von regionalen Preisspitzen betroffen war, wird von den nun endlich bundesweit vorankommenden Ausgleichszahlungen nichts haben.