Deutschland und Südkorea haben viel gemeinsam. Dennoch meiden deutsche Regierungschefs das Land seit vielen Jahren. Bundeskanzler Scholz ändert dies mit einem Besuch in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul, der nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche Gründe hat.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat in Südkorea die Grenze zum kommunistischen Nordkorea besucht. Zusammen mit seiner Frau Britta Ernst schaute er sich in der demilitarisierten Zone (DMZ) entlang der Grenze die blauen Baracken an, in denen das Waffenstillstandsabkommen verhandelt wurde, das im Juli 1953 nach drei Jahren Koreakrieg abgeschlossen wurde. Auf beiden Seiten des 38. Breitengrads, der Korea in zwei Staaten teilt, stehen sich mehr als eine Million Soldaten gegenüber. Zudem haben die USA in Südkorea derzeit 28.500 Soldaten stationiert.
Völkerrechtlich befinden sich beide koreanische Staaten seit dem Ende ihres Bruderkriegs noch im Kriegszustand. Einen Friedensvertrag hat es nie gegeben. Fast die Hälfte der knapp 52 Millionen Einwohner Südkoreas wohnt in der Metropolregion rund um Seoul, die in der Nähe dieser Grenze liegt.
Völkerrechtlich befinden sich beide koreanische Staaten noch im Kriegszustand.
(Foto: picture alliance/dpa)
Sein Besuch in Südkorea sei für ihn ein „ganz wichtiger und auch bewegender Besuch“, erklärte Scholz nach seinem Besuch der DMZ. „Deutschland ist mittlerweile wieder vereint. Das ist ein großes Glück, das wir haben.“ An Nordkorea appellierte Scholz, seine Raketentests einzustellen. „Dieser Versuch, sich selbst nuklear zu stärken, muss aufhören“, sagte der Kanzler. „Das ist eine Bedrohung für Frieden und Sicherheit in dieser Region.“
Erster bilateraler Besuch seit 30 Besuch
Scholz hatte sich am Morgen deutscher Zeit vom G7-Gipfel in Japan verabschiedet und ist am Mittag auf einer Luftwaffenbasis nahe der südkoreanischen Hauptstadt Seoul gelandet. Nach dem Besuch der demilitarisierten Zone steht ein Treffen mit dem südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol an, bevor Scholz nach Berlin zurückreist.
Es ist der erste rein bilaterale Besuch eines Kanzlers in dem Land seit 30 Jahren. Angela Merkel war 2010 nur für einen G20-Gipfel dort. Hauptgrund für die Visite ist die drohende Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China. Die Bundesregierung ist bemüht, die Beziehungen zu anderen Staaten in Asien breiter aufzustellen. Ein Sprecher von Scholz verwies in diesem Zusammenhang auf vorherige Besuche des Kanzlers in Indien, Japan, Vietnam, Singapur und Indonesien. Südkorea ist nach China, Japan und Indien die viertstärkste Volkswirtschaft Asiens.
„Eine gewisse Lockerung“
Scholz und Yoon werden sich in ihren Gesprächen nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen voraussichtlich auch mit der sicherheitspolitischen Lage im Indopazifik und dem Umgang mit dem militärisch stark aufrüstenden China befassen. Aber auch der russische Angriffskrieg in der Ukraine dürfte demnach Thema sein. Südkorea hat sich zwar den internationalen Sanktionen gegen Russland angeschlossen, lehnt Waffenlieferungen an Kiew bisher aber ab. Es verweist auf seine grundsätzliche Politik, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern.
Scholz begrüßte in dem Yonhap-Interview die humanitäre Hilfe Südkoreas für die Ukraine und die Unterstützung der Sanktionen gegen Russland. Er betonte aber, jede Nation entscheide selbst, wie sie der Ukraine helfen könne.
In der Bundesregierung war im Vorfeld darauf verwiesen worden, dass Präsident Yoon bei den Waffenlieferungen in den vergangenen Wochen „eine gewisse Lockerung“ angedeutet habe. Der südkoreanische Staatschef war auch als Gast zum G7-Gipfel in Japan eingeladen und hatte dort ein Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geführt.