Der Wagner-Chef kündigt einen Abzug seiner Söldner aus Bachmut an – weil die Stadt komplett erobert sei. Er will sie dem russischen Militär übergeben. Die ukrainische Seite betont indes, dass die Kämpfe weiterlaufen.
Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat die komplette Einnahme der ostukrainischen Stadt Bachmut verkündet. „Heute, am 20. Mai, um die Mittagszeit, wurde Bachmut vollständig eingenommen“, sagte Prigoschin in einem im Onlinedienst Telegram veröffentlichten Video. An seiner Seite sind bewaffnete Männer zu sehen, die mit ihm vor zerstörten Gebäuden stehen.
Die Ukraine indessen widersprach den Angaben Prigoschins umgehend. Ukrainische Soldaten kämpften in Bachmut weiter, erklärte der für die Ostukraine zuständige Führungsstab der ukrainischen Streitkräfte. Auch das Verteidigungsministerium Russlands berichtete am Samstag erneut von Kämpfen in Bachmut.
Unterschiedliche Berichte von beiden Seiten zum Stand des Gefechts in Bachmut sind keine Seltenheit. Auch aus dem klassischen russischen Militär und aus Prigoschins Söldnertruppe, die miteinander konkurrieren, verlauten mitunter abweichende Meldungen.
„Die Operation zur Einnahme von Bachmut hat 224 Tage gedauert“, erklärte Prigoschin nun. Es sei nur Wagner dort gewesen, erklärte der Wagner-Chef. „Wir haben nicht nur mit der ukrainischen Armee gekämpft, sondern auch mit der russischen Bürokratie, die uns Steine in den Weg gelegt hat“, sagte Prigoschin. Er kündigte eine Übergabe der Stadt an das russische Militär an. Die Wagner-Kräfte zögen sich dafür vom 25. Mai an aus der Stadt zurück, über die sie die volle Kontrolle übernommen hätten.
Die Stadt war seit Monaten heftig umkämpft. Bereits Anfang April hatte Prigoschin erklärt, Bachmut „im rechtlichen Sinne“ erobert zu haben. „Der Feind konzentriert sich auf die westlichen Gebiete“, teilte er damals bei Telegram mit und verwies darauf, dass das Verwaltungsgebäude der Stadt unter russischer Kontrolle sei.
Noch in dieser und der vorherigen Woche hatte aber auch die Ukraine in Bachmut und vor allem um Bachmut herum Erfolge vermeldet. Die Ukraine will die seit dem Spätsommer umkämpfte östliche Stadt nicht aufgeben, um einen Durchbruch der russischen Truppen weiter ins Landesinnere zu verhindern. Die Stadt ist der Hauptteil der nach der russischen Eroberung von Sjewjerodonezk und Lyssytschansk etablierten Verteidigungslinie zwischen den Städten Siwersk und Bachmut im Donezker Gebiet. Falls die Stadt fallen sollte, würde sich für die russischen Truppen der Weg zu den Großstädten Slowjansk und Kramatorsk eröffnen. Damit würde eine von Russland geplante vollständige Eroberung des Donezker Gebiets näher rücken.